210
Die Orientirbussole.
§. vu.
Von den meisten geometrischen Aufnahmen wird verlangt, dass
sie die Lage der aufgenommenen Punkte nicht bloss unter sich, son
dern auch gegen bestimmte Richtungen, z. B. die Himmelsgegenden,
darstellen. Man findet desshalb auf den Plänen fast immer die Mit
tagslinie und die Senkrechte darauf angegeben. Andererseits ist es
für die Aufstellung des Messtisches auf dem Felde oft sehr erwünscht,
die Richtung des magnetischen Meridians zu kennen. Zur Angabe
dieser Richtung und der Mittagslinie für eine Messtischaufnahme,
welche keinen Theil einer grösseren Vermessung ausmacht und folg
lich nicht auf ein Dreiecknetz gegründet ist 1 , bedient man sich der
Orientirbussole, welche aus einem parallelepipedischen Kästchen
(von etwa 6* Zoll Länge, 3 Zoll Breite, 1 Zoll Höhe), worin
sich eine Magnetnadel und zwei eingetheilte Kreisbögen befinden,
besteht. Die Nadel ist wie bei der Feldbussole eingerichtet und
wird wie dort mit dem sie tragenden Stifte in und ausser Verbin
dung gesetzt und auf ihre Empfindlichkeit geprüft. Die beiden Kreis
bögen sind Theile eines Gradrings, der im Nadelstifte seinen Mittel
punkt hat, und liegen an den schmalen Seiten des Kästchens. Der
Durchmesser dieser Bögen, welcher mit den Langseiten der Boden
platte des Kästchens parallel läuft, wird durch eine schwarze Linie
auf der Bodenfläche sichtbar gemacht und gewöhnlich mit SN be
zeichnet. Dreht man das Kästchen so, dass die Nadel die Linie SN
deckt, so stehen die Langseiten der Bodenplatte, welche als Lineale
dienen, in der Richtung des magnetischen Meridians. Die Nullpunkte
der beiden Kreisbögen liegen in dem Durchmesser SN; von ihnen
aus werden nach beiden Seiten hin etwa 10 bis 15 Grade auf die
Bögen gezeichnet.
Soll mit Hilfe des eben beschriebenen Werkzeugs eine Mess
tischaufnahme nach den Himmelsgegenden orientirt werden, so ver
fahre man folgendermassen. Zunächst stelle man den Messtisch über
einem beliebigen Punkt P des Feldes so auf, dass der Punkt p der
Aufnahme, welcher das Bild von P ist, lothrecht über P liegt, und dass
nach der Horizontalstellung des Blattes eine Seite pq des Plans mir
1 Wenn einer Messtischaufnahme ein Dreiecknetz zu Grunde liegt, so ist die
Lage aller aufgenommenen Funkle gegen die Millagslinie aus diesem Netze bekannt,
wie später gezeigt wird.