Full text: Die Messinstrumente und ihr Gebrauch (1. Band)

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§• 18. 
Weite des deutlichen Sehens. 
Im vorigen Paragraphen wurde angeführt, dass zum deutlichen 
Sehen eines Gegenstands gefordert werde, dass dessen Bild genau 
auf der Netzhaut des Auges liege, und aus der Optik ist bekannt, 
dass eine Glaslinse das Bild eines Gegenstands in um so grösserer 
Ferne erzeugt, je mehr ihr der letztere genähert wird. Da nun das 
Auge wie eine achromatische Glaslinse wirkt, so sollten folglich nur 
die Bilder genau auf die Netzhaut fallen, welche von Gegenständen 
kommen, die einen entsprechenden Abstand vom Auge haben; die 
Bilder fernerer Gegenstände müssten demnach vor und die näher ge 
legenen Objecte hinter der Netzhaut liegen. Die Erfahrung lehrt 
jedoch, dass ein gesundes Auge in verschiedenen Entfernungen deut 
lich sehen kann, und es muss desshalb angenommen werden, dass 
etwas im Auge veränderlich ist, wodurch es die Fähigkeit erlangt, 
sich innerhalb gewisser Grenzen den Entfernungen der Gegenstände 
anzubequemen. Einige glauben, dass die Krystalllinse in solchen 
Fällen mehr oder weniger convex werde; andere, dass sich die 
Form des Augapfels entsprechend abändere; und wieder andere, 
dass beide Aenderungen gleichzeitig im Spiele sind. Die letztere 
Ansicht ist wahrscheinlich die richtigere. Wie dem aber auch sey, 
so hat das Anbequemungsvermögen des Auges seine bestimmte 
Grenzen: ein gesundes Auge sieht nämlich nur diejenigen Gegen 
stände ohne Anstrengung deutlich, welche ihm nicht über 8 oder 
10 Zoll genähert werden; es kann zwar diese Gegenstände auch in 
grösserer Entfernung noch gut erkennen, aber nicht so leicht und 
deutlich, als in dem genannten Abstande, den man desshalb die 
Weite des deutlichen Sehens oder kürzer die S-ehweite 
nennt. Ein Auge, das in der Entfernung von 8 bis 10 Zoll noch 
nicht deutlich sieht, also einen grösseren Abstand fordert, heisst 
weitsichtig; und wenn die Sehweite weniger als 8 Zoll beträgt, 
kurzsichtig. 
Dass ein gesundes Auge in geringerer Entfernung als 8 Zoll 
nicht deutlich sieht, liegt darin, dass die zu stark auseinander gehen 
den Lichtstrahlen, welche von den betrachteten Punkten in’s Auge 
gelangen, nicht mehr bis zur Netzhaut, sondern erst hinter ihr zu 
einem Bilde vereinigt werden. Bei Weitsichtigen erzeugt sich, wenn 
sie den Gegenstand nur 8 bis 10 Zoll vom Auge weg halten, das
	        
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