Full text: Archimedes, Huygens, Lambert, Legendre

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Erstes Kapitel. 
vollere Probleme gegeben, die auch eine Jahrhunderte lange 
Geschichte aufzuweisen haben und die doch niemals in das 
grofse Publikum gedrungen sind. Man braucht, um ein Bei 
spiel herauszugreifen, nur an den Satz zu erinnern, den im 
Jahre 1829 der Genfer Mathematiker Charles Sturm entdeckt 
hat, an jenen schönen Satz, der es erlaubt, für jede algebraische 
Gleichung mit reellen Koeffizienten die Anzahl der zwischen 
beliebig gegebenen Grenzen liegenden reellen Wurzeln genau 
zu bestimmen. 
Das Problem von der Quadratur des Zirkels ist vielmehr 
aus meist sehr trivialen Gründen zu seiner grofseu Berühmt 
heit gelangt. Zunächst gehört es zu den sehr wenigen mathe 
matischen Problemen, die nur ausgesprochen werden müssen, 
um auch sofort von jedem verstanden zu werden. Jeder Mensch 
weifs, was ein Kreis und was ein Quadrat ist. Jeder weifs, 
oder glaubt wenigstens zu wissen, was man unter dem Flächen 
inhalte einer begrenzten Figur zu verstehen habe, und jedem 
erscheint es daher als eine sehr einfache, leicht verständliche 
Aufgabe, ein Quadrat zu zeichnen, dessen Flächeninhalt genau 
gleich demjenigen eines gegebenen Kreises sei. Der Umstand 
nun, dafs eine scheinbar so einfache Aufgabe doch den An 
strengungen der gröfsten Geister den hartnäckigsten W iderstand 
entgegensetzte, hat von jeher eine eigentümliche Anziehungs 
kraft ausgeübt auf die Mathematiker und vielleicht noch mehr 
auf die Nichtmathematiker, denen ja doch das Geheimnis der 
Fragestellung meistens verborgen blieb. Auf diese Weise 
bildete sich im Laufe der Jahrhunderte ein eigentümlicher 
Nimbus um das Problem: seine Berühmtheit wuchs in dem 
gleichen Mafse wie die Anzahl der mifsglückten Lösungsversuche. 
Dazu kam noch ein Zweites. In früheren Zeiten, wo die 
Metaphysik die Gemüther noch stärker beschäftigte als heut 
zutage, verband man mit dem Probleme vielfach einen merk 
würdigen Aberglauben. Man stellte sich nicht selten vor, dafs 
derjenige, dem die Lösung dieser spröden, unzugänglichen Auf 
gabe gelingen würde, dadurch in den Stand gesetzt wäre, 
dem Zusammenhänge der Erscheinungen überhaupt ein tieferes 
Verständnis entgegenzubringen. Man versprach sich also von 
der Lösung des Problemes eigentümliche Vorteile, von denen
	        
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