§ 1. Über die Ursachen der Berühmtheit des Problèmes. 5
man sich zwar keine klaren Vorstellungen zu bilden wufste,
deren Annahme aber doch ausreichte, um dem Probleme von
der Quadratur des Zirkels vielfach den Rang anzuweisen, den
etwa der Stein der Weisen, das Lebenselixir oder andere
erstrebenswerte Dinge einnahmen.
Und endlich wirkte noch ein Drittes mit, um unserem
Probleme, namentlich in nichtmathematischen Kreisen, zu
seiner Berühmtheit zu verhelfen. Mit Rücksicht auf die grofse
Bedeutung, die dem Probleme für die Mathematik und ihre
Anwendungen von manchen zugeschrieben wurde, verbreitete
und erhielt sich bis in die neueste Zeit der Glaube, dafs die
grofsen Akademieen hohe Preise ausgesetzt hätten für den
jenigen, der so glücklich wäre, endlich eine Lösung des be
rühmten Problèmes beizubringen. Das war nun allerdings ein
arger Irrtum. Denn schon im Jahre 1775 gab die Pariser
Akademie (und die anderen folgten bald nach), ermüdet durch
die unaufhörlichen Belästigungen Seitens der „Quadratoren“,
die folgende Erklärung ab: „L’Académie a pris, cette aimée,
la résolution de ne plus examiner aucune solution des pro
blèmes de la duplication du cube, de la trisection de l’angle
ou de la quadrature du cercle, ni aucune machine annoncée
comme un mouvement perpétuel“ (Histoire de l’Académie
royale, année 1775, pag. 61). Der Erklärung folgten Betrach
tungen, in welchen Condorcet, der damalige ständige Sekretär
der Akademie, klar und präzis die Gründe entwickelte, welche
zu dem mitgeteilten Entschlüsse geführt hatten*). Allerdings
haben derartige Akademiebeschlüsse die Zahl der „Quadratoren“
nicht zu vermindern vermocht, nur mit dem Unterschiede, dafs
sich hei diesen zu dem Bewufstsein einer grofsen That nun
mehr gekränkte Eitelkeit und der Glaube hinzugesellten, von
der Mathematikerzunft aus Neid oder andern kleinlichen Rück
sichten nicht anerkannt worden zu sein.
*) In der Begründung, die zugleich eine kurze Übersicht über die
Entwicklung des Problèmes von der Quadratur des Zirkels enthält, wird
auffalleuderweise die Lambert’sche Entdeckung der Irrationalität der
Zahl Tt nicht erwähnt.