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Zweites Kapitel.
durch her, dais er ein Rad, dessen Dicke dem halben Radius
gleich ist, ganz umrollen liess; die zurückgelassene Spur war
dann der Kreisfläche des Rades gleich. Alhrecht Dürer
(1471—1528), der gleich Lionardo einen Ehrenplatz in der
Geschichte der mathematischen Wissenschaften einnimmt, gieht
in seinem dem Nürnberger Mäcen Wilibald Pirckheimer*)
(1470—1530) gewidmeten berühmten Werke „Underweysung
der messung mit dem zirckel und richtscheyt“ den Näherungs-
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wert it — — = 3—, dessen sich, wie wir uns erinnern, schon
Yitruv bedient hatte.
Der französische Mathematiker Bouveiles (1470—1533)
suchte die Quadratur des Kreises mit Hülfe eines rollenden
Rades auszuführen und gab eine Konstruktion, welche auf den
indischen Wert it = Y1Ö hiuauskommt. Daneben lehrte er,
dafs der einem gegebenen Quadrate flächengleiche Kreis als
g 1
Durchmesser — der Diagonale habe, d. h. er setzte n — 3-- •
Das gröfste Aufsehen aber erregte Orontius Fin a eus
(1494—1555), Professor an dem College royal zu Paris und
zugleich einer der gefeiertsten Lehrer seiner Zeit, durch das
nach seinem Tode im Jahre 1556 veröffentlichte Werk „De
rebus mathematicis hactenus desideratis “, in welchem neben
anderen ersehnten Dingen auch das Verhältnis des Kreisum
fanges zum Durchmesser angeblich mit alleiniger Benutzung
von Zirkel und Lineal bestimmt wurde. Unter den von ihm
aufgestellten Sätzen und Konstruktionen werden wir zweien
in der Huygens’schen Abhandlung „De circuli magnitudine
inventa“ (§ 14) begegnen; hier sei nur noch erwähnt, dafs
Orontius Finaeus für n die durchaus brauchbaren Grenzen ~
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und Ÿx §’ a ^; dann a 6er später den Näherungswert als genau
richtig bezeichnete. Die Schrift des Orontius Finaeus rief
bald eine Gegenschrift „De erratis Orontii Finaei“ hervor,
*) In bezug auf Albrecht Dürer und Wilibald Pirckheimer ver
gleiche die aufserordentlich interessante „Historische Nachricht von den
Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern“ von J. G. Doppelmayr,
pag. 36—44, 153—155 und 182—190.