§ 11. Eulers Thätigkeit auf dem Gebiete der Kreismessuug. 47
zum Abschlüsse gebrachten Untersuchungen über die einge
schriebenen und uingeschriebeueu Polygone, namentlich aber
durch die Forschungen, welche sich seit der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts auf die Analysis des Unendlichen, insbeson
dere auf die Theorie der unendlichen Reihen und speziell der
Gregory’schen Reihe, stützten, war man in den Besitz von
Methoden*) gelangt, durch welche die Ausmessung des Kreises
bis zu jedem noch so hohen Genauigkeitsgrade ausgeführt
werden konnte. Kannte man nun aber auch die Zahl n bis
auf mehr als 100 Dezimalen, hatte man auch wissenschaftlich
sehr interessante und praktisch vortrefflich verwendbare Dar
stellungen, z. B. in Form von stark konvergenten Reihen, für
dieselbe erhalten, so war doch die Natur dieser wichtigen und
merkwürdigen Zahl insofern noch genau ebenso unbekannt wie
im Altertume, als man noch nicht einmal wufste, ob it eine
rationale oder eine irrationale Zahl sei**). Damit zusammen
hängend war daher auch die Frage nach der Möglichkeit der
Quadratur des Zirkels noch eine eben so dunkle wie zur Zeit
des Archimedes, ja man hatte für eine wissenschaftliche Be
handlung dieser Frage noch nicht einmal die richtige Formu
lierung gewonnen. Wohl hatte es zu allen Zeiten Leute ge
geben, welche im Besitze einer Quadratur zu sein wähnten,
aber diese Quadraturen hatten sich stets doch nur als mehr
oder weniger gute Annäherungen erwiesen, so selbstbewufst
sie wohl auch von ihren Urhebern als genaue Lösungen des
Problems angekündigt worden waren. Dafs auch solche Arbeiten
unter Umständen die Wissenschaft fördern konnten, sei es, dafs
*) Vollständig verschieden von den bisher besprochenen sind die
eigenartigen und interessanten Methoden, durch welche Herr Prof. Wolf
nach den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung die Zahl n experi
mentell ermittelte. Es sind dies seine in der Züricher Vierteljahrsschrift
(Bd. 26 u. 27) veröffentlichten Würfelversuche sowie seine in den Berner
Mitth. (1850) enthaltenen Untersuchungen über das zuerst von Buffon,
später von Laplace behandelte „Nadelproblem“. Siehe auch Wolf I.,
pag. 127—128 und pag. 177.
**) Versuche, die Irrationalität von n zu beweisen, waren allerdings
schon gemacht worden. Siehe die Anmerkung zu § 10 der Lambert-
schen Abhandlung, wo auf den in Joh. Chr. Sturms Mathesis enucleata
gegebenen Beweis verwiesen ist.