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Viertes Kapitel.
Im Jahre 1873 bewies zunächst Herr Hermite in Paris,
dafs die Basis der natürlichen Logarithmen eine transzendente
Zahl ist, dafs also eine Gleichung von der Form:
N t e Xi + -f- f- N r e x r = 0
nicht bestehen kann, wenn x Xy x.,, . . . x r von einander verschie
dene und N l} N $f ... N r beliebige ganze Zahlen, die nicht
sämtlich gleich Null sind, bedeuten*).
Ausgehend von dieser grundlegenden Arbeit, insbesondere
von den Relationen zwischen gewissen bestimmten Integralen,
deren sich Herr Hermite bedient hatte, gelang es dann im
Jahre 1882 Herrn Lindemann, das Jahrtausende alte
Problem von der Quadratur des Zirkels zur endgülti
gen Erledigung zu bringen durch den strengen Nach
weis, dafs auch die Zahl jc eine transzendente Zahl ist.
Dieses Resultat ergab sich aus einem Satze, der als Ver
allgemeinerung des ersten der beiden oben (pag. 55) erwähn
ten Lambert’schen Theoreme zu betrachten ist und der folgen-
dermafsen lautet:
Ist z Wurzel einer irreduciheln algebraischen Glei
chung, deren Koeffizienten reelle oder komplexe ganze
Zahlen sind, so kann e z nicht gleich einer rationalen
Zahl sein.
Es ist aber nach Euler e ni = — 1, also gleich einer ratio
nalen Zahl. Folglich kann ni, und daher auch n seihst, nicht
Wurzel einer algebraischen Gleichung der angegebenen Art sein.
Da sich aber auf diese letztere Form jede algebraische Gleichung
mit rationalen Koeffizienten bringen läfst, so folgt:
Die Ludolf’sche Zahl kann nicht Wurzel einer
algebraischen Gleichung mit rationalen Koeffizienten
sein.
Damit steht aber fest, dafs die Quadratur des Zir
kels konstruktiv unausführbar ist**).
*) Hermite, Sur la fonction exponentielle (Comptes rendus, Bd. 77).
**) Die Lindemann’schen Untersuchungen sind zuerst mitgeteilt in
den Berichten der Berliner Akademie (1882): „Über die Ludolph’sche
Zahl“ von Prof. F, Lindemann in Freiburg i. Br, Vorgelegt von Herrn
Weierstrafs am 22. Juni. Die weitere Ausführung gab Herr Lindemann in
der Abhandlung; „Über die Zahl n u (Math. Annalen, Bd. 20, pag.213—225).