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Viertes Kapitel.
Daraus erhält mau aber einen Satz, der die Unmöglich
keit der Quadratur des Zirkels nur als einen ganz speziellen
Fall enthält und die darauf bezüglichen Fragen in gröfster
Allgemeinheit und Vollständigkeit ahschliefsend beantwortet:
„Ein Kreisbogen, dessen Sehne, durch den Halb
messer des Kreises gemessen, eine algebraisch aus-
drückbare Länge hat, kann nicht durch eine geome
trische Konstruktion, bei der nur algebraische Kurven
und Flächen zur Anwendung kommen, rektifiziert wer
den; eben so wenig ist der zu einem solchen Bogen ge
hörige Kreissektor durch eine derartige Konstruktion
quadrierbar.“
„Hat nämlich in einem Kreise, dessen Halbmesser als
Längeneinheit angenommen wird, ein Bogen die Länge x, seine
Sehne also die Länge 2 sin ~~ und der zugehörige Kreissektor
den Inhalt — x, so würde, wenn durch eine Konstruktion der
angegebenen Art der Bogen rektifizierbar oder der Sektor qua
drierbar wäre, daraus eine algebraische Gleichung zwischen x
und 2 sin ~ sich ergeben. Eine solche Gleichung existiert
aber nicht, wenn 2 sin , wie angenommen, eine algebraische
Zahl ist.“
Ein nicht nur durch sein hohes Alter ehrwürdiges, son
dern auch, vom mathematisch-historischen Standpunkte aus
betrachtet, höchst merkwürdiges Problem hat durch die Linde-
mann’schen Untersuchungen seine endgültige Erledigung ge
funden. Ursprünglich eine rein geometrische Aufgabe von
verhältnismäfsig untergeordneter Bedeutung, hat sich die Frage
nach der Quadratur des Zirkels im Laufe der Jahrhunderte zu
einem arithmetischen Probleme von dem höchsten Interesse
herausgebildet. Es hat Teil genommen an allen wichtigeren
Wandlungen, welche die mathematischen Anschauungen und
Methoden allmählich erfahren haben, es ist mit ihnen und
durch sie im Laufe der Zeit selbst umgestaltet worden, bis