Full text: Einführung in die Grundlagen der Geometrie (2. Band)

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Fünfter Abschnitt. § B. 
7. Hier möge es gestattet sein, eine kleine pädagogische 
Bemerkung beizufügen. Indem die Alten, statt die Bewegung 
direkt zu benutzen, in ihren Beweisen, wo es irgend möglich 
war, auf den ersten Kongruenzsatz für Dreiecke zurückgingen, 
wurden die Beweise aufserordentlich kompliziert, und ihr Kern 
punkt trat vielfach ganz hinter blofsem Beiwerk zurück. Dadurch 
dafs die neuere Zeit mit dieser Methode gebrochen hat, ist bereits 
eine wesentliche Vereinfachung der Beweise erreicht. Was die 
systematische Benutzung der Bewegung zu leisten vermag, ersieht 
man aus Petersens »Methoden und Theorieen zur Auflösung 
geometrischer Konstruktions-Aufgaben«. Indessen vererben leider 
manche Beweise ihre hergebrachte Form auch dann, wenn eine 
Vereinfachung recht gut möglich ist. Der Lehrer wird gut thun, 
nach dieser Richtung hin eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen. 
Ich scheue mich nicht, meine Überzeugung dahin auszusprechen, 
dafs es kaum ein Mittel giebt, dem Schüler das Verständnis der 
geometrischen Sätze und ihrer Beweise zu erleichtern, als wenn 
man ihn zwingt, die zu Grunde liegenden Bewegungen wirklich 
auszuführen. 
§ 3. 
Riemanns Aufbau der Geometrie. 
Hier scheint mir die geeignete Stelle zu sein, um die schon 
früher (III. § 10. B. 1. S. 210 —217) erwähnte Arbeit Riemanns: 
»Über die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegen«, 
einer kurzen Prüfung zu unterziehen. Zu dem Ende müssen wir 
kurz den Inhalt dieser Arbeit angeben. 
Im ersten Abschnitt setzt Riemann einen Begriff voraus, der 
den beiden Bedingungen genügt: a) er läfst verschiedene Be 
stimmungsweisen zu, b) unter diesen Bestimmungsweisen findet 
von einer zur andern ein stetiger Übergang statt. Einen solchen 
Begriff bezeichnet Riemann als eine stetige Mannigfaltigkeit und 
nennt jede einzelne Bestimmungsweise einen Punkt. Geht man 
in irgend einer derartigen Mannigfaltigkeit von einer Bestimmungs 
weise auf eine bestimmte Art zu einer andern über, so wird die 
Gesamtheit der durchlaufenen Bestimmungsweisen als eine einfach 
ausgedehnte Mannigfaltigkeit bezeichnet. Diese Mannigfaltigkeit 
läfst Riemann wieder in eine andere, völlig verschiedene übergehen
	        
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