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Was die Auswahl und die Situation der beiden Beobachtungsstationen betrifft, so ist zu bemerken,
dass die westliche Station Ragusa schon im Jahre 1873 vom Hofrath v. Oppolzer zum astronomischen
Hauptpunkt gewählt worden ist, und dass daselbst die Polhöhen- und Azimuth-Messungen, sowie die
Bestimmung der Längenunterschiede Ragusa—Wien und Ragusa—Pola in den Jahren 1873—1876 durch
die k. k. österreichische Gradmessung ausgeführt wurden.
Hie Resultate dieser Beobachtungen sind auf den Hauptpfeiler TI des damals bestandenen Observa
toriums reduciert worden.*)
Dieser über einer unterirdischen Marke aufgebaute Instrumentenpfeiler ist im Jahre 1887 unversehrt
vorgefunden worden. Nachdem der die Absenklungsöffnung deckende, pyramidenförmige Obertheil
abgehoben worden war, wurde über dem Pfeiler das Feldobservatorium erbaut und eingerichtet (20. Mai
bis 4. Juni). Dieses war ausgerüstet mit:
dem Passagenrohr Repsold Nr. I,
der Pendeluhr Schmid Nr. 2,
dem Schaltbrett Nr. 3,
einem Registrier-Apparat von Hipp und den sonstigen zum Gebrauche bei den Beobachtungen und
zur telegraphischen Correspondenz dienenden Apparaten.
Das Passagenrohr ist über der unterirdischen Marke des wiederbenützten Pfeilers ü centrisch auf
gestellt worden, so dass das Resultat der hier vorliegenden Längenunterschied-Messung wegen des
Instrumenten-Standpunktes auf der Station Ragusa keiner Reduction bedarf.
Die östliche Station Sarajevo liegt 10km südwestlich von der Landeshauptstadt Bosniens in einem
weiten Thalkessel, in welchem die Vereinigung des Bosnaflusses mit seinen Zuflüssen: der Miljaöka und
Zeljesnica stattfindet. Die Seehöhe des Punktes beträgt 511 m, während die ihn umgebenden Höhen bis
zu 1500m hinanreichen. Die sichtbare Massenvertheilung der Gebirge lässt hier keinen Schluss auf
Localattractionen und Lothablenkungen zu. Die Station ist im Jahre 1882 bei der Fortsetzung des
trigonometrischen Hauptnetzes der österreichisch-ungarischen Monarchie in die occupierten Gebiete
Bosniens und der Hercegovina durch den damaligen Triangulierungs-Director Contre-Admiral v. Kalmär
recognosciert und zum südöstlichen Endpunkte der Basis von Sarajevo ausgewählt worden.
Als die geodätischen Arbeiten auf der Station vollendet waren (im Jahre 1883), wurde daselbst ein
astronomisches Observatorium erbaut und der Hauptpfeiler desselben, auf welchen alle geodätischen
Messungen, sowie die Polhöhen- und Azimuth-Bestimmungen reduciert worden sind, centrisch über den
unterirdischen Markierungen des Basisendes aufgeführt. Zugleich ist genau im Meridiane und 2m südlich
des Hauptpfeilers ein kleinerer Pfeiler hergestellt worden, auf dem die Längenbestimmungen Sarajevo—
Budapest, Sarajevo—Kronstadt und Sarajevo—Pola ausgeführt wurden.
Bei der Längenunterschied-Messung Sarajevo—Ragusa im Jahre 1887 ist nun dasselbe Observa
torium und der eben erwähnte Pfeiler wieder benützt worden; demnach ist auch auf der Station Sarajevo
keine Reduction wegen excentrischer Aufstellung an den beobachteten Längenunterschied anzubringen.
*) Siehe „Astronomische Arbeiten des k. k. Gradmessungs-Bureau“, I. Band, pag. [37], woselbst auch die topographische Beschreibung
des Punktes nachgelesen werden kann. Diese ergänzend könnte noch bemerkt werden, dass der Fixpunkt etwa 150m von der Meeresküste
entfernt ist, 47m über dem Meeresspiegel liegt und im S. und W. von der hier fast inselfreien Adria, im N. und O. aber von Bergzügen umgeben
ist, die sich von der Küstenterrasse aus steil erheben und schon in geringer Entfernung vom Punkte zu Seehöhen von 300—400m ansteigen. Aus
dieser Vertheilung der Massen kann geschlossen werden, dass der Punkt mit einer nicht unbedeutenden Ablenkung des Zenithes gegen SW.
behaftet ist.