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Einleitung.
Als das k. und k. militär-geographische Institut im Beginne der Achtzigerjahre eine Triangulierung
im Gebiete des ehemaligen Großfürstenthums Siebenbürgen zum Zwecke der Landesvermessung vor
nehmen ließ, beschloss die k. k. österreichische Gradmessung, diese Gelegenheit auszunützen, um auch
die Gradmessungsarbeiten in diesem Theile der österreichisch-ungarischen Monarchie zu fördern. Der
Vorschlag der Gradmessungs-Commission im südöstlichen Theile Siebenbürgens eine astronomische
Station I. Ordnung zu etablieren und in der Ebene nördlich von Kronstadt eine Basis zu messen, wurde
von dem k. und k. Iteichs-Kriegs-Ministerium acceptiert, und demgemäß erhielt im Frühjahre 1883 der
Adjunct der astronomischen Abtheilung Hauptmann Franz Netuschill den Auftrag, in der Nähe von
Kronstadt eine Localität ausfindig zu machen, welche sich zu einer astronomischen Station eignet und
freie Sichten nach den umliegenden trigonometrischen Punkten und in das Basis-Terrain gewährt.
Der so gewählte Punkt Kronstadt-Schlossberg, liegt am nördlichsten Ende eines Ausläufers des
siebenbürgisch-rumänischen Bandgebirges, welcher am weitesten in die Ebene des Burzen-Landes vor
springt und daher diesen Terraintheil, in welchem die Messung der Grundlinie vor sich ging,
vollkommen überblicken lässt. Der Punkt hat eine Seehöhe von 631m und überragt die Ivronstädter
Ebene um 80 m. Südlich vom Punkte, jenseits der Thalsenkung, auf deren Boden Kronstadt erbaut ist,
steigen die transylvanischen Alpen ziemlich rasch an und erreichen schon in 10 km Entfernung vom
Punkte Höhen von 1100 bis 1200m, ja in dem Gebirgsstocke des Schüller-Gebirges noch viel beträcht
lichere, denn der culminierende Gipfel dieses Massivs, der genau im Meridian des Punktes liegende
Große Christian (Christian mare) erreicht eine Seeehöhe von 1800 m.
Aus dieser Vertheilung der sichtbaren Massen ist vorauszusehen, dass der Punkt mit Lothstörungen
behaftet sein wird; es war aber in dem bezeichnetenTerritorium eine günstigere Lage der Beobachtungs-
Stalion nicht zu ermitteln.
Nachdem der Punkt die vorschriftsmäßige unter- und oberirdische Markierung erhalten hatte und
das Observatorium über demselben erbaut war (Mai 1883), wurden sofort die Polhöhen und Azimuth-
bestimmungen ausgeführt und die Längenunterschiede mit Budapest und Sarajevo gemessen. Im Jahre
1885 wurden die geodätischen Messungen und die Längenbestimmungen Kronstadt—Krakau, Kronstadt—
Czernowitz und Kronstadt—Bukarest vorgenommen. Die Ilesultate der letzteren werden durch die
königlich rumänische Gradmessungs-Commission zur Berechnung und Publication gebracht werden.
Dagegen sollen die Besultafe der Längenunterschied-Messungen mit Krakau und Czernowitz an dieser
Stelle und im nächstfolgenden Abschnitte des vorliegenden Bandes zur Besprechung gelangen.
Die Längen-Differenz Kronstadt—Krakau ist zwischen dem 20. Mai und 8. Juni 1885 in sieben voll
ständigen und zwei lialbgelungenen Beobachtungsabenden nach dem folgenden Schema gemessen worden:
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