Full text: Ueber die Reihenentwickelungen der Potentialtheorie

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Mit der Lösung unseres Problems für das dreiaxige Ellipsoid wird der Name von 
Lame (1839) mit Recht verbunden*). Zur Behandlung dieses Problems führte er das, 
vorher schon von Jacobi für andere Zwecke benutzte, System der elliptischen Coordinaten 
ein, wodurch ein neuer fundamentaler Gedanke für die Behandlung unserer Aufgabe zur 
Geltung gelangte, dass es nämlich in erster Linie auf die Wahl passender krummliniger 
Coordinaten ankommt. 
Nach Lamé sind dann noch zahlreiche besondere Körper nach der Methode der 
Reihenentwickelung von verschiedenen Mathematikern behandelt worden, so von Heine 
und Li ou vi Ile, sowie von den Herren C.Neumann und Me hl er, wobei sich die Ein 
führung verschiedener neuer Eunktionsgattungen (vergi. Kap. II § 6) nöthig erwies. An dieser 
Stelle mag der Name von Heine besonders hervorgehoben werden, nicht nur wegen der 
grossen Ausdehnung seiner sonstigen hierhergehörigen Untersuchungen, wie sie in dem 
»Handbuch der Kugelfunktionen« zusammengestellt sind, sondern auch weil die früheren 
Untersuchungen Lamé’s von ihm auf Räume von mehr wie drei Dimensionen übertragen 
wurden **). 
Die sämmtlichen bis jetzt erwähnten Mathematiker sind vorzugsweise Analytiker. 
Dagegen nimmt Sir William Thomson, unserer Theorie gegenüber, eine ganz andere 
Stellung ein, indem er das Problem mehr anschauungsmässig auffasst (wenn dies 
auch in seiner Darstellung nicht immer klar hervortritt). Von Thomson sind für uns 
zwei Hauptleistungen zu nennen : 1) Im Jahre 1845 führte er in die Potentialtheorie die 
Transformation durch reciproke Radien ein, indem er zeigte wie man die Potentialaufgabe 
für einen beliebigen Körper lösen kann, wenn letzterer aus einem schon behandelten Kör 
per durch Inversion hervorgeht. Dieser Gedanke wird, wie wir in Kapitel I sehen werden, 
in unserer Darstellung von Beginn an eine fundamentale Rolle spielen. 2) Ein zweiter 
grosser Fortschritt, welcher wir dem genannten Mathematiker verdanken, ist durch den 
»Appendix B« der »Natural Philosophy« von Thomson und Tait angebahnt. Dort han 
delt es sich in sehr knapper und schwer verständlicher Weise um Körper welche von Flä 
chen begrenzt sind, welche dem Orthogonalsystem der gewöhnlichen Polarcoordinaten ange 
hören, d. h. von concentrischen Kugeln, Meridian ebenen und Rotationskegeln. Zur Behand 
lung dieser Körper sind keine höheren Functionen nöthig wie Kugelfunktionen, dieses Wort 
aber im allgemeinsten Sinne genommen, in welchem wir es später gebrauchen werden. In 
zwischen ist die bez. Darlegung nicht so sehr wegen der besondern Probleme bemerkens- 
*) Allerdings hatte Green bereits vorher (1833) viel allgemeinere Untersuchungen über diesen Ge 
genstand angestellt. Doch sind dieselben nicht so weit durchgeführt, wie diejenigen von Lame, und 
ausserdem in einer sehr schwer lesbaren Form gefasst, so dass sie wenig beachtet geblieben sind. 
**) In der schon genannten Vorlesung von Herrn Klein sind die Untersuchungen auch zum grossen 
Theil für den Raum von beliebig vielen Dimensionen geführt worden. Hierauf können wir leider im Fol 
genden nicht eingehen; doch behalte ich mir vor, bei anderer Gelegenheit den dort vorhandenen allgemei 
nen Ansatz darzulegen, und durch Berücksichtigung der Specialfälle zu vervollständigen. Einige der so 
gewonnenen Resultate werden sich dann auch für die mathematische Physik des gewöhnlichen Raumes 
(Schwingungsprobleme bei dreifach ausgedehnten Massen etc.) von Interesse erweisen. 
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