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Es ist aber das Hauptverdienst dieses Mathematikers ein Instrument geschaffen zu
haben, welches zunächst zwar nur zum Studium der Cycliden dienen sollte, welches aber,
wie wir bald sehen werden, in der Geemetrie und mathematischen Physik überhaupt eine
wichtige Rolle spielt. Dieses Instrument ist das System der pentasphärischen Coordi
nate n, mit welchem wir uns im Kapitel I ausführlich beschäftigen werden. Die grosse Ana
logie zwischen den Formeln, welche beim Gebrauch dieser Coordinateli auftreten, und den
Formeln der Liniengeometrie, welche früher von Herrn Klein entwickelt sind*), ist sofort
ersichtlich und wurde von Herrn Klein in einem Aufsatze über »Liniengeometrie und me
trische Geometrie« **) ausführlich erklärt und discutili Insbesondere wird dort die Theorie
der Cyclide mit der Theorie der Liniencomplexe zweiten Grades in engste Verbindung
gebracht.
Die Liniencomplexe zweiten Grades sind von Herrn Klein in seiner Dissertation ***)
hinsichtlich der sämmtlichen Specialfälle, welche sie darbieten können, untersucht worden.
Hierzu wurde die Weierstrassische Theorie der Elementartheiler herangezogen. Ganz ent
sprechende Untersuchungen für die Cyclide wurden später (1884) von Herrn Gino Loria
in seiner Abhandlung »Geometria della Sfera« ****) durchgeführt. Indess lässt der Letztere
dabei die Realitätsbetrachtungen bei Seite, die Herr K?ein für die Complexe entwickelt
hatte, dieselben wurden erst von Herrn Klein selbst in der schon erwähnten Vorlesung
über Lamésche Funktionen (1889—90) auf Cycliden übertragen.
Diese Theorie der Cycliden in Verbindung mit dem obengenannten Oscillationsprincip
soll nun die Grundlage für die folgende Darstellung geben, welche wir vorläufig folgender-
massen disponimi wollen:
Kapitel I : Geometrisches ; insbesondere über confocale Cyclidensysteme. Einfüh
rung zugehöriger krummliniger Coordinaten.
Kapitel II: Befriedigung der Potentialgleichung durch Lamésche Producte.
Kapitel III: Lösung der Randwerthauigabe für Cyclidensechsflache durch Reihen,
welche nach diesen Lamé sehen Producten fortschreiten, wobei denn die sämmtlichen Rei
hen, die in der Potentialtheorie gebraucht werden, unter ein gemeinsames Schema eingeord
net erscheinen.
Leider müssen wir uns bei Aufstellung der genannten Reihen einstweilen auf die
Darlegung ihres formalen Gesetzes beschränken und sämmtliehe Convergenzbeweise bei Seite
lassen ; eine Durchführung der letzteren wäre eine sehr zu wünschende Ergänzung der vor
liegenden Arbeit.
*) Math. Ann. 2, 1869.
**) Math. Ann. 5, 1871.
***) Bonn 1868. Wieder abgedruckt in Math. Ann. 23. — Vergi, auch die Arbeit von Weiler im
7ten Bande der Math. Ann., 1873.
****) Memorie della Accademia delle Scienze di Torino. Ser. II. Tom. 36.