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§ 2. Allgemeine Definition der L am eschen Gleichung. Einführung homogener
Variablen.
Die Differentialgleichung, welche von Lame selbst in die Analysis eingeführt ist,
und dementsprechend in engerem Sinne seinen Namen trägt, lässt sich nach dem Voraufge
henden sehr einfach charakterisiren. Wir können sie nämlich in folgender Gestalt schreiben *) :
Ax + B
i_ +
(~L
\x—e,
4:(x-eJ(x-eJ(x—ey V '
x—e 9 x—e,J dx
Diese Gleichung hat als singuläre Stellen die Punkte e n e 2 , e 3 , oo, von denen jeder der drei
1 + -L 4 A
ersten die Exponenten 0, i besitzt, während der Punkt oo die Exponenten :
aufweist. Die Constanten A und B dieser Gleichung werden nun von Lamé noch auf
ganz bestimmte Weise ausgewählt. Inzwischen werden wir diese Specialisirung
hier fallen lassen, und führen damit also eine erste Verallgemeinerung für die Bedeu
tung des Wortes »Lamésehe Gleichung« ein.
In der mitgetheilten Gleichung lassen wir jetzt zwei der singulären Punkte e n e 2 , e 3
zusammenfallen. Man sieht dann mit leichter Mühe, dass die Exponenten des so entstehen
den singulären Punktes nicht mehr die einfachen Werthe 0, \ haben, sondern allgemeinere
Werthe, welche von den Constanten A und B der Differentialgleichung abhängen. Nun
bemerkten wir aber schon, dass die Exponenten des Punktes oo ebenfalls von der Constante
A abhängen, und es liegt hiernach nahe zu vermuthen, dass die gewöhnliche Cainé
sche Gleichung aus einer Gleichung abgeleitet werden kann, welche fünf
singuläre Punkte mit den Exponenten 0, % im Endlichen, im Unendlichen
aber nur einen uneigentlich singulären Punkt besitzt, nämlich so, dass
wir zwei dieser Punkte im Unendlichen zusammenfallen lassen. Da dies in
der That der Fall ist, wie wir im folgenden Paragraphen sehen werden, werden wir den
Namen Lamesche Gleichung auf diese allgemeinere Gleichung mit fünf singulären Punk
ten im Endlichen übertragen. Indem wir nun diese Gleichung noch in ähnlicher Weise
erweitern, wie dies Heine gegenüber der ursprünglichen Laméschen Gleichung gethan
hat, indem wir also statt der fünf singulären Punkte mit den Exponenten 0, \ deren be
liebig viele zulassen, können wir schliesslich folgende allgemeine Definition aussprechen :
*) Dies ist allerdings nicht genau die Gestalt, in welcher diese Gleichung zumeist in der Literatur
auftritt. Um von unserer Form zu der gewöhnlich gebrauchten überzugehen, müssen wir einen der Punkte
e x , e 2 , e 3 in den Nullpunkt legen, und dann die quadratische Transformation x ^ x 2 machen. Diese Trans
formation verwischt aber den wahren Charakter der Differentialgleichung, auf den es weiterhin ankommt,
insofern sie einen der drei gleichberechtigten singulären Punkte zu einem nicht singulären Punkte macht,
und die anderen zwei verdoppelt (ganz ähnlich wie dies mit den Verzweigungspunkten bei der Legendre
schen Normalform der elliptischen Integrale geschieht).