512 BERICHTIGUNG DER SCHNEIDEN EINER WAAGE.
sonst von der vortrefflichen Arbeit und der Empfindlichkeit einer Waage erwar
ten sollte.
Die Mittel, deren sich die Künstler zur Berichtigung des Parallelismus der
Schneiden bisher gewöhnlich bedient haben, sind nicht geeignet, alle zu wün
schende Schärfe zu geben; auch ist es, bei feinen Waagen wie bei astronomischen
Instrumenten, nicht der Verfertiger, von dem man die feinste Berichtigung zu
fordern hat, sondern diese kommt dem zu, der die Waage gebraucht.
Das Verfahren, dessen sich der Hofr. Gaüss zu dieser Berichtigung mit
dem besten Erfolge bedient hat, beruht auf folgenden Gründen.
Beiden Schwingungen des Waagebalkens verändert die zu prüfende äussere
Schneide zwar ihre Lage im Baume; diese verschiedenen Lagen sind aber alle
unter einander parallel, wenn diese Schneide mit der (ruhenden) mittleren paral
lel ist. Anders verhält es sich dagegen, wenn die äussere Schneide der mittleren
nicht parallel ist. Nehmen wir, um die Vorstellung zu fixiren, an, dass die
äussere Schneide zwar mit der mittleren in Einer Ebene liege, dass aber die Bich
tungen der beiden Schneiden abwärts vom Beobachter divergiren. In diesem
Falle wird bei dem Spiele des Waagebalkens die äussere Schneide sich auf einer
Kegelfläche bewegen; ihr abwärts gekehrtes Ende wird, relativ gegen das nähere
Ende, steigen oder sinken, so wie der Hebelarm, an welchem diese Schneide
sich befindet, steigt oder sinkt. Dasselbe wird von dem die Schneide stets be
rührenden Tragestücke gelten.
Welcher von beiden Fällen nun statt finde, lässt sich erkennen, wenn auf
dem Tragestücke ein Planspiegel befestigt ist. Am vortheilhaftesten ist es, die
sen Spiegel so anzubringen, dass seine Ebene nahe senkrecht zu der Schneide ist,
obwohl man darin nicht zu ängstlich zu sein braucht. In dem ersten der beiden
Fälle bleibt der Spiegel, während des Spiels des Waagebalkens, sich selbst pa
rallel, im zweiten nicht; im ersten Falle wird also das Bild eines in schicklicher
Entfernung vor dem Spiegel sich befindenden Gegenstandes unverrückt bleiben,
im zweiten hingegen (wie man leicht übersieht), mit dem betreffenden Hebelarme
steigen oder sinken. Das umgekehrte würde statt finden, wenn die beiden Schnei
den anstatt abwärts vom Beobachter zu divergiren, convergiren, es würde dann
nemlich mit dem Steigen des Waagebalkenarmes ein Sinken des Bildes, und um
gekehrt, verbunden sein.
Nun lässt sich, wenn der Spiegel ein sehr vollkommner ist, selbst eine