144 Finanzwesen.
sind; sie sind demnach gesellschaftliche Renten, die unter die Bethei
ligten, welche in Klassen von Personen gleichen Alters einzutheilen
sind, nach Kopfzahl vertheilt werden, bis endlich der zuletzt Lebende
sie allein empfängt.
Die Tontine sollte, nach der Idee ihres Erfinders, Lorenz
Tonti, als Mittel zu Staatsanleihen dienen, wozu sie auch von
der französischen Regierung benutzt wurde. Durch ein arröt du conseil
vom 5. Juli 1770 wurden alle Staatstontinen aufgehoben, weil
man sie für nachtheilig für den Staat erkannte, und die noch lau
fenden Tontinenrenten wurden in Leibrenten verwandelt. (S. Ency
clopedie methodique Tom, Hl. Art. Tontiues.)
In unserer Zeit werden die Tontinen, in unterschiedlichen Mo-
dificationen, als Rentenanstalten (V. in.) errichtet.
Lottericanleihen.
§. 89. Lotterieanleihen (§. 70), welche in neuerer Zeit vielfältig
vorkommen, unterscheiden sich dadurch von den im Vorhergehenden
aufgeführten Anleihen, daß den Gläubigern außer der Gewißheit
der Rückzahlung des Kapitals auch die Hoffnung auf mehr oder
weniger große Gewinnste dargeboten wird. Damit sich auch die
weniger Bemittelten bei diesen Anleihen betheiligen können, so wird
das Nominalkapttal in verhältnißmäßig kleine Theile getheilt, und
es werden dafür Schuldscheine ausgetheilt, welche man Partiale,
Parti alloose oder Prämien sch eine nennt. Der Gesammtheit
der Gläubiger kommen die Zinsen des Kapitals zum herrschenden
Zinsfüße zu gut; die Mehrzahl derselben erhalten aber bei der Til
gung ihr Kapital und &ic, einem geringern Zinsfüße entsprechenden
Zinsen zurück, und die hierdurch erübrigte Summe wird auf die
kleinere Zahl der übrigen Interessenten in unterschiedlichen Abstufun
gen als Gewinnste oder Prämien, und natürlich alles auf dem
Wege der Verloosung, vertheilt. Ueber die Anzahl der gewinnen
den und nicht gewinnenden Loose und über die auf die einzelnen
Loose fallenden Beträge gibt der veröffentlichte Tilgungsplan oder
Verloosungsplan solcher Anleihen Auskunft.
Nehmen wir beispielsweise an, daß das von heute an nach
einem Jahre rückzahlbare Nominalkapital 200000 st. betrage, und
daß dafür 2000 Obligationen oder Loose zu 100 fl. ausgegeben
worden seien. Wird das Kapital zu 4 Procent verzinst, so hat
der Schuldner nach Jahresfrist 200000 fl. Kapital und 8000 fl.
für Zinsen, also zusammen 208000 fl. zu entrichten.
Sollen 1900 Loose zu 101 fl. herauskommen, so betragen solche