Topographie des Planetensystems der Sonne. 445
Gesicht, Die beobachtete grosse Periode dürfte daher wohl
eher in Beziehung zu den Jahres- als den Tageszeiten gesetzt
werden müssen. Wahrscheinlich finden diese Trübungen nur
in gewissen Jahrgängen der Venus in hinreichendem Maasse
statt, um noch von uns gesehen zu werden, daher denn z, B.
Lamont, als Venus im Sommer 1836 sehr günstig stand, selbst
mit dem Münchener Biesenfernrohr, das seinen Leistungen nach
zu den trefflichsten Instrumenten ersten Banges gehört, sich
ohne allen Erfolg bemühte, Venusflecke zu sehen. Es ist
aber durchaus unwahrscheinlich, dass Oberflächentheile,
wenn sie sich in den unvollkommenen Campanischen Fern
rohren zeigten, für ein weit vorzüglicheres gänzlich verschwinden
sollten.
Es möge hier noch bemerkt werden, dass der erleuchtete
Theil der Venus sich wie der des Merkur etwas kleiner zeigt,
als die Bechnung für eine mathematische Kugel und gerad
linige Lichtstrahlen ergiebt. Wir dürfen also auf eine Atmo
sphäre und auch wohl auf gebirgige Unebenheiten schliessen;
die letzteren werden überdies durch das von einigen Beob
achtern wahrgenommene fein gezähnte Ansehen der Licht
grenze (ein schwaches Nachbild der Mondgestalt) wahr
scheinlich.
Mit den erwähnten Beobachtungen der Horngestalt ver
hält es sich folgendermassen. Ist der Venus Oberfläche, gleich
denen der Erde und des Mondes, gebirgig, so werden sich
diese Ungleichheiten nicht durch ihre einzelnen Schatten (die
gewiss viel zu klein sind, um uns noch zu erscheinen), sondern
nur durch Abweichungen von der rein elliptischen Gestalt der
Lichtgrenze, hauptsächlich an der Hornspitze, zeigen; und sind
sie nicht ungleich grösser als die der Erde, so lässt sich be
haupten, dass sie sich nur durch die Gestalt dieser Hornspitze
mit einiger Sicherheit werden wahrnehmen lassen. Je nachdem
ein Gebirge oder ein tiefes Thal diese äusserste Gegend ein
nimmt, werden wir das vortretende Horn bald spitzer und weit
übergreifend, bald kürzer und abgerundeter erblicken; ja es
kann selbst ein hoher Berg in der Nachtseite noch als isolirter
Punkt leuchten (wie dies wiederholt von Schröter und einmal
von Herschel gesehen worden ist). Abgesehen von den Aende-
rungen in der Stellung der Venus gegen Erde und Sonne, wird
nun die Wiederkehr einer solchen abweichenden Horngestalt
auf die Botationsperiode schliessen lassen, vorausgesetzt, dass
sie hinreichend genau beobachtet werden kann. Da man beide
Venushörner gleichzeitig im Felde hat, so wird eine Verglei
chung zwischen beiden entscheiden lassen, ob die wahrge-
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