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Sechster Abschnitt.
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Mond, und auf seiner Oberfläche sei a derjenige Punkt, wel
cher der Erde gerade gegenübersteht und von ihr aus auf
der Mitte der Scheibe gesehen wird. Nach Verlauf des
vierten Theils der Umlaufs- (und Rotations-) Zeit ist der
Mond nach 2 gerückt und der Punkt a hat sich um J / 4 des
Umkreises der Mondkugel herumgedreht. Da aber der Winkel
1 T 2 um die volle Mittelpunktsgleichung grösser als ein
rechter ist, so trifft die Centrallinie der beiden Körper nicht
den Punkt a, sondern einen westlicher liegenden g, und ag
ist jetzt die Libration, Rückt der Mond bis 3 fort, so
ist ein halber Umlauf und gleichzeitig eine halbe Rotation
des Punktes a vollendet, er steht also wieder der Erde
gerade gegenüber und man hat keine Libration. In 4 end
lich ist a um 3 / 4 des Kreises, der Mond selbst aber noch
nicht um 3 / 4 seines Umlaufs fortgerückt: als Eolge davon er
scheint jetzt ein von a aus östlich liegender Punkt h auf
der Mitte, und man hat eine der vorigen entgegengesetzte
Libration a h.
Die hier beobachtete Verschiebung betrifft die Meridiane
der Mondkugel, die für unsern Anblick nach Westen und
Osten gerückt werden, jedoch, wie oben bemerkt, nur inner
halb bestimmter Grenzen, Man nennt sie daher Libration
in Länge, und sie beträgt im Maximo 7° 53' auf jeder
Seite.
Es giebt aber noch eine Libration in Breite, die von
der Neigung der Rotationsaxe gegen die Bahn abhängt. Da
durch erscheinen die Mondpole nicht — wie es bei streng
senkrechter Lage der Axe sein würde — bleibend im Rande,
sondern werden uns wechselweise etwas zu- und abgewandt.
Kehrt sich das Nordende der Axe gegen uns, so werden alle
Eiecke mehr nach Süden rücken, so wie umgekehrt nach
Norden, wenn der Südpol sich zu uns herumwendet. Dies
nennt man Libration der Breite, und sie beträgt im
Maximo 6° 47'.
Streng genommen findet noch eine dritte Art der Ver
schiebung statt. Befindet sich der Beobachter auf der Erde
nicht in der Centrallinie, sondern ausserhalb derselben etwa
in t, so erblickt er nicht den Punkt h, sondern einen andern
k auf der Mitte der Scheibe, und so entsteht für verschiedene
Erdorte gleichzeitig ein etwas verschiedener Anblick der Mond
scheibe. Die Berechnung dieser Libration fällt mit der der
Parallaxe des Mondes zusammen, und man nennt sie auch die
parallaktische Libration. Sie kann etwas über 1° stei
gen und nach allen Richtungen hin wirken.