Topographie des Planetensystems der Sonne.
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Erregt das Mondliclit auch Wärme? Man hat
diese Frage verneint, und in so fern gewiss mit Recht, als
eine Erhöhung der Temperatur, die dem Gefühle oder auch
selbst dem feinsten Thermometer bemerklich wäre, mit aller
Gewissheit nicht vom Monde ausgeht. Allein ahsehend von
der praktischen Bedeutung kann man die Frage so stellen:
Kommt von den Mondstrahlen nicht irgend eine wärmeerregende
Kraft — wenn auch millionenfach geringer als die von den
Sonnenstrahlen herrührende? Und dies scheint nach Mellon?s
im Jahre 1846 angestellten Versuchen bejaht werden zu müssen.
Mit Hülfe seines thermoskopischen Apparats und einer Linse
von 3 Fuss Durchmesser, welche das Licht lOOOOmal verdich
tete, so wie nach getroffener Abwehr aller und jeder Zugluft,
Strahlung der Linse u. dgh, erhielt er ganz bestimmte Anzei
gen, dass das Mondlicht Wärme errege*). Noch bleibt zu be
stimmen übrig, inwelchemVerhältnisse zum Sonnenlicht,
und wir dürfen hoffen, auch dahin zu gelangen.
§. 113.
Ein uns verhältnissmässig so nahe stehender und durch
so vielfache Wechselbeziehungen mit der Erde eng verbun
dener Körper, wie der Mond, erregt natürlich das Verlangen,
ihn nicht blos seiner kosmischen Stellung nach, sondern auch
individuell kennen zu lernen. Während das unbewaffnete Auge
in sämmtlichen übrigen Himmelskörpern nur strahlende Punkte,
und in der Sonne eine monotone Scheibe erblickt, nimmt es
im Monde hellere und dunklere Flecken wahr, welche die Idee
einer landschaftlichen Mannigfaltigkeit erwecken und unwill-
kührlich zur Vergleichung mit unserer Erde auffordern. Tie
fer indess vermag es nicht einzudringen, und es darf daher
nicht Wunder nehmen, dass wir bei den Alten meistens nur
verworrene, ja monströse Meinungen über die physische Be
schaffenheit des Mondes antreffen. Erst das Fernrohreines
Galiläi vermochte uns näher in diese räthselhafte Welt einzu
führen; und wenngleich die ersten Versuche Galiläi’s selbst so
wie die eines Scheinen, Schirläus, Hirschgarter und Langren, die
Mondscheibe abzuzeichnen, von keinem Gelingen gekrönt wur
den, so brachte doch schon Hevel 1643 die erste — freilich
noch sehr rohe — Mondkarte wirklich zu Stande, und bald
folgte ihm Grimaldi mit einer ähnlichen, wiewohl weit unvoll-
kommneren. Die erste Karte nebst 40 Phasenzeichnungen,
findet sich in HeveVs Selenographie, die zweite in RicciolPs
*) Mit der allergrössten Sicherheit ist in der neuesten Zeit der Ein
fluss der Mondwärme auf der Sternwarte des Lord Rosse zu Parsons-
town (Irland) nachgewiesen worden. Der Herausgeber.
Mädler, Popul. Astronomie. -|3