Topographie des Planetensystems der Sonne.
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auf der diesseitigen Halbkugel durch die ihrer Hypothese wider
sprechenden Beobachtungen in die Enge getrieben, flüchteten
in die jenseitige, die der Phantasie ein freieres Feld darzubie
ten schien, und gaben zugleich den Seleniten den wohlgemein
ten Rath, die schlackenverbrannte, sterile und nur von starren
Eelsenmassen bedeckte diesseitige Halbkugel zu verlassen,
damit sie desto ungestörter ihrem Zwecke, die Erde zu erleuch
ten, dienen könne. Jenseits warteten ihrer reizende Gefilde,
von rieselnden Bächen durchschnitten, von milden Lüften um
weht u. s. w. u. s. w. — doch wozu ein Phantasiegemälde
weiter ausführen, das so gänzlich bodenlos ist? Niemand wird
uns im Ernste überreden wollen, dass eine Luft, deren erste
und allgemeinste Eigenschaft die der Ausbreitung nach allen
Seiten ist, der einen Halbkugel zugetheilt sein und der andern
fehlen könne; und dass es mit dem Wasser eine ähnliche Be-
wandniss habe, ergiebt sich leicht bei einigem Nachdenken.
§. 120.
Noch eine Auskunft schien übrig: eine Mondatmosphäre
von so geringer Dichtigkeit und so grosser Durchsich
tigkeit, so wie ein Mondwasser von so ätherischer Feinheit
und Klarheit, dass wir aus 50000 Meilen Entfernung nicht im
Stande seien, Spuren des einen oder des andern wahrzunehmen.
Dem kleinern Monde — so schloss man — käme auch eine
viel dünnere Atmosphäre zu: eine dichtere festzuhalten sei er
nicht im Stande. Schröter glaubte aus einer vermeintlichen
Dämmerung auf dem Monde 1 / 2S für die Dichtigkeit der Mond
luft zu finden (schon dünn genug für uns, um nach wenigen
Minuten in derselben zu ersticken); andere, wie Melanderhjelm
und Gruithuisen, versuchten auf theoretischem Wege diese Dich
tigkeit zu bestimmen. Alle hatten versäumt, die Sternbedeckun
gen dabei in Rechnung zu ziehen, und dies holte Bessel nach,
der als äusserste Möglichkeit einer Mondluft die Dichtigkeit
1 / 968 fand (die der Erdluft = 1 gesetzt). Diese nach aller
Strenge durchgeführte Rechnung, bei welcher die Annahmen,
die einen Spielraum zuliessen, so genommen waren, wie sie
einer möglichst grossen Dichtigkeit der Mondatmosphäre am
günstigsten sein mussten, zeigt also zur Genüge, dass von dieser
Seite an gar keine Aehnlichkeit der Natur Verhältnisse zwischen
Mond und Erde gedacht werden darf.
In neuester Zeit ist der Gegenstand aufs Neue zur
Sprache gekommen, durch eine Bemerkung Hansens, der aus
einer durch die Beobachtungen angedeuteten Yergrösserung
der theoretisch berechneten Evection schliesst, dass der