Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

434 
Zehnter Abschnitt. 
auch physisch mit ihm verbunden ist, da beiden die gleiche 
scheinbare Eigenbewegung zukommt. Er fand in der That, 
dass die Aberration für den Begleiter kleiner, mithin die 
Bewegung seines Lichtes rascher sei, als sie für den Polar 
stern stattfindet. Aus 55 Beobachtungen in den Jahren 1818 
bis 1821 fand er nämlich, dass wenn A die Aberration des 
grossen, A' die des kleinen Sternes ist: 
A — A' = + 0",180; 
und aus fortgesetzten Beobachtungen (91) in den Jahren 1832 
bis 1836: A — A' = + 0",133, 
beide Resultate durch verschiedene Instrumente. Bei ersterem 
Resultate fand sich der wahrscheinliche Fehler + 0",035; 
beim zweiten + 0",25; das Mittel mit Berücksichtigung der 
Zahl der Beobachtungen fand sich: 
A — A' = 0",149; wahrscheinlicher Fehler = + 0",020. 
Hieraus würde folgen, dass die Geschwindigkeit des Polar 
sternlichtes sich zu der Geschwindigkeit des von seinem Be 
gleiter ausgehenden verhalte wie: 
133 : 134. 
Hach der Geringfügigkeit des wahrscheinlichen Fehlers 
scheint dieses Resultat keinem Zweifel unterworfen zu sein; 
nur wäre zu wünschen, dass man noch mehrere Sterne in der 
Habe der Pole untersuchte.*) Bevor das Factum selbst nicht 
ohne allen Zweifel feststeht, dürfte es zu früh sein, Erklä 
rungen geben zu wollen. Meine früher geäusserte Yermuthung, 
dass der Polarstern durch seine viel grössere Masse das Licht 
gleichsam zurückhalte, verlasse ich jetzt um so mehr, als sich 
für den Polaris eine Masse ergeben hat, die kleiner als die 
Sonnenmasse ist. 
Man hat sogar von der Möglichkeit gesprochen, dass ein 
Körper eine so ungeheure Masse habe, dass die Gravitation 
gegen ihn die Lichttheilchen, nachdem sie vielleicht viele 
Millionen Meilen zurückgelegt hätten, wieder zur Umkehr 
nöthigte, wie ein aufgeworfener Ball zur Erde zurückkehren 
muss. Diese Körper würden alsdann gar nicht ausserhalb der 
Grenzen dieser Schussweite ihrer Strahlen gesehen und wir 
wüssten nichts von ihnen. 
*) Später hat Struve selbst, nachdem er an 5 Sternen mit dem gros 
sen, im ersten Yertical aufgestellten Durchgangsinstrumente in Pulkowa 
sehr genaue Untersuchungen über die Aberration angestellt und die 
Ueberzeugung gewonnen hatte, dass sie für diese 5 Sterne ganz gleich 
sei, Zweifel an der Richtigkeit jenes früheren Resultats geäussert und 
sich eine neue Untersuchung Vorbehalten, von deren Ausführung jedoch 
nichts bekannt geworden ist. Dagegen hat Struve an. andern Sternen 
die Aberration erforscht und sie bei allen Fällen gleich gefunden, was 
dem obigen Resultat zu widersprechen scheint.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.