Die Fixsterne.
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welchem Gesichtswinkel wir die Bewegung erblicken, da
hiervon die perspectivische Verkürzung derselben abhängt, die
wir gleichfalls zu eliminiren haben. Dies würde uns endlich
die wahre lineare (also z. B. in Meilen auszudrückende) Ge
schwindigkeit der Bewegung eines Sterns gehen.
Nur in äusserst wenigen Einzelfällen kann gegenwärtig
die erste dieser Reduktionen, in keinem einzigen die zweite
und dritte, selbst nur annäherungsweise, ausgeführt werden.
Unsrer Aufgabe würden sich also unüberwindliche Schwierig
keiten entgegenstellen, wenn nicht gerade das, was auf den
ersten Anblick sie unabsehbar weitläufig macht, die grosse
Anzahl der Fixsterne nämlich, uns eine Möglichkeit an die
Hand gäbe, unser Ziel dennoch zu erreichen.
Wir werden nämlich nach allen Gegenden des Himmels
hin Sterne haben, die uns näher, und andere die uns ent
fernter stehen. Aus einer grossem Anzahl von Sternen,
auch ohne die Entfernungen im Einzelnen zu kennen, wird also
stets eine gewisse Durchschnittszahl resultimi und diese Durch
schnittszahl nach allen Gegenden hin so ziemlich die gleiche
sein, besonders dann, wenn man sich auf Sterne beschränkt,
die nicht den fernen Milchstrassenringen angehören, sondern
durch ihre Augenfälligkeit zu der Annahme berechtigen, dass
sie nicht in gar zu grossen Distanzen stehen. Die gleiche,
auf den allgemeinen Durchschnitt basirte, Annahme wird aber
auch in den beiden andern Beziehungen statthaft sein, ins
besondere wenn man um einen gewissen Punkt herum die zur
Vergleichung zu ziehenden Regionen concentriseli gegen
einander abgrenzt, wodurch am sichersten die partiellen Ab
weichungen, die nach der einen oder der andern Seite hin
stattfinden, aufgehoben werden.
Das unschätzbare Verzeichniss von 3222 Sternörtern,
welches wir dem grössten Astronomen des vorigen Jahrhunderts,
Bradley, verdanken, und welches Bessel's Bearbeitung uns zu
gänglich gemacht hat*), setzt uns durch seine Vergleichung
mit den neuesten, um fast ein Jahrhundert späteren, Beob
achtungen in den Stand, für die meisten der darin enthalte
nen Sterne mit mehr oder minderer Wahrscheinlichkeit die
E igenb ewegung abzuleiten. In meinen oben genannten
ausführlichen Werken habe ich diese Ableitung für sämmt-
liche Bradley'sehe Sterne durchgeführt. Die angestellten
Vergleichungen haben mich überzeugt, dass die einzige
*) Fundamenta astronomiae, ex observationibus viri incomparabilis
Bradley deducta. Autore F. W. Bessel. Regiomonti 1818.
Madler, Popul. Astronomie. 29