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nur in Beziehung auf zwei Künste redet, ist übrigens eine weitere unbe-
gründete Verengung des Styl - Begriffs. Wenn dagegen wir diesen
Begriff hier in einey neuen Bedeutung aufführen, so kann diese zunächst
Feine andre sein, als: die jeder Kunst zukommende Behandlungsweise
des Materials als eine durch ihre nothwendigen Bedingungen festgestellte
gewohnheitsmäßige Uebung; eine Bedeutung, die von ver Intensität der
früheren vorerst ganz wieder absieht und darin auch yon Rumohrs
Begriffsbestimmung noch verschieden ist, denn diese nimmt das Wort Styl
allerdings in dem intensiven Sinn, worin der Ausdru> ein Lob des
Künstlers enthält (wiewohl sie das Lobenswerthe zu äußerlich deutet, zu
sehr bloß negativ auffaßt)z Styl bedeutet uns jebt zunächst ohne alle
Emphase das Verfahren einer einzelnen Kunst und eines einzelnen Zweigs
derselben: Architefturstyl (Pallaststyl , Kirc<henstyl) , Styl der Bildhauerei
(Genre - Styl, heroischer Styl u. s, w.), Styl der Malerei (historischer
Styl, Genre - Styl, Landschaftstyl) , Musik - Styl (Kirc<hensiyl , Styl des
Oratoriums, Kammerstyl u, s. w.), Styl der Poesie (epischer, lyrischer,
dramatischer). Wie wir nun oben , als wir vom Innern ausgiengen,
das sich Fügen unter die technischen Bedingungen miteinverstanden ; so
ist jezt, da wir bei dem Aeußern stehen, vorausgesett, daß der Einzelne
sim seinen Bedingungen aus innerem Wollen füge. Es liegt darauf,
weil es eben vorausgesegt ist, zunächst kein Accentz allein man sieht leicht,
daß ein solcher alsbald eintreten muß, denn offenbar redet man von dem
Styl einer Kunst oder eines Kunstzweigs, statt einfach : Baukunst, Kirc<hen-
baufunst u. f. w. zu sagen , namentlich dann, wenn durch einen Contrast
ein Sc<laglicht auf die aus der geistigen Auffassung fließenden technischen
Bedingungen fällt, und dieß geschieht vor Allem, wenn die Auffassungs-
und Berfahrensweise der einen Kunst auf die andere oder des einen
Kunstzweigs auf den andern übergetragen wird. Durch den Schlußsatz
von 5. 404 ist auf diese Uebertragung vorbereitet, Nun erhält der Begriff
wieder eine Emphase, enthält Lob oder Tadel, Wann das Eine oder
Andere begründet sei, ist in abstracto nicht auszumachen , dieß gehört in
die spezielle Kunstlehre. Nur einige Beispiele: wie die Aegyptier die
Bildhauerei architektonisch behandeln , ist dieß ein tiefer Mangel, dagegen
gibt es in mehrfachem Sinn eine ganz edle und freie architektonische
Behandlung der menschlichen und thierischen Gestalt, nicht blos in Karya-
tiden und heraldischen Thieren, sondern auch bei höherer Aufgabe. Bernini
hat die Plastik malerisch behandelt im Sinn der übelsten Effecthascherei,
das Mittelalter hat dieß in anderem und historisch berechtigtem Sinne
gethan. In der Malerei kann architeftonischer Styl in berechtigter oder
unberechtigter Weise si< geltend machen, ebenso plastischer Styl. Umge-
kehrt kann die Architeftur in plastischem oder malerishem Styl bebandelt