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Zwölfter Abschnitt.
oder kreisförmigen Bewegung ist die projicirte Balm gleichfalls
eine Ellipse, nur dass die Projection des Brennpunkts der
wahren nicht in den Brennpunkt der scheinbaren fällt, und
dass das Yerhältniss der grossen zur kleinen Axe ein anderes
wird. Dagegen werden die in der scheinbaren Ellipse von
den projicirten Badien-Yectoren abgeschnittenen Elächenräume
dasselbe Yerhältniss zu einander haben, wie in der wahren
Bahn, folglich den Zeiten proportional sein, wenn diese letztem
es sind. Diese Bedingung hat Savary bei seiner Auflösung be
nutzt und zugleich an dem Doppelstern B Ursae majoris ein
Beispiel der Anwendung gegeben.
Dieselbe Aufgabe behandelte Eriche nach gleichen Grund
sätzen, aber auf einem anderen Wege (Berk Astron. Jahrbuch
für 1852). Die anzuwendenden Formeln sind bei Encke etwas
bequemer für den Berechner als bei Savary, und die Yersuche
auf ein schärferes Princip zurückgeführt; auch ist die Anwen
dung derjenigen Belationen, welche, obgleich vollkommen analy
tisch begründet, doch in der praktischen Astronomie unge
bräuchlich sind, vermieden. Man findet nach Encke's Methode
durch eine Reihe von Versuchen die Form und Grösse der
scheinbaren Bahn nebst der TTmlanfszeit, und hieraus durch ein
sehr einfaches Verfahren die wahre Ellipse, folglich die Ele
mente. Encke erläuterte seine Methode durch eine Anwendung
auf den Doppelstern p Ophiuchi.
Endlich trat im J. 1834 John Berschel (On the Orbits
of revolving double Stars. London) mit seiner graphischen
Methode der Bahnhestimmnng auf. Sein sinnreiches Verfahren
hat allerdings in einzelnen Fällen zu einem genäherten Resul
tate geführt, und da auch die schärfste Rechnung gegenwärtig
nicht weiter als bis zu einer ziemlich rohen Näherung führen
kann, so ist ihr auch ein praktischer Werth keineswegs abzu
sprechen ; und die grössere Leichtigkeit der Anwendung für
solche, die sich nicht sehr grosse Uebung im astronomischen
Rechnen erworben haben, kann überdies nicht geleugnet wer
den. Gleichwohl ist sie in mehrfacher Beziehung ungenügend,
und das erlangte Resultat nie frei von Willkürlichkeiten, die
der Calcnl zu vermeiden im Stande ist. Bei consequenter An
wendung des letzteren wird man jederzeit dasjenige System von
Elementen erhalten können, welches nach den vorhandenen
Beobachtungen wahrscheinlicher als jedes andere ist und die
kleinst-möglichsten Fehler übrig lässt; man wird den Grad der
Sicherheit eines jeden einzelnen Elements richtig zu beurtheilen
im Stande sein und sich also von den Fortschritten der er
langten Kenntnisse stets genaue Rechenschaft geben können.