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Dreizehnter Abschnitt.
zwar dieser absoluten Constanz, denn das mittlere tropische
Jahr kann in den verschiedenen Zeitaltern um 38 Sekunden
verschieden ausfallen und auch das siderische ist Störungen
unterworfen, die bis auf einige Minuten in Zeit gehen können;
allein die Wissenschaft hat Mittel gefunden, diese Ungleich
heiten zu berechnen und sicher vorauszubestimmen, wodurch
sie, praktisch genommen, aufhören Ungleichheiten zu sein. Der
Mondlauf, das wichtigste Element für die Zeiteintheilung
bei den Alten, zeigt noch beträchtlich grössere Ungleichheiten,
doch auch von diesen gilt das so eben Gesagte, und nur die In-
congruenz der Zeitabschnitte, welche uns der Mondlauf darbietet,
mit den durch die Sonne gegebenen, nach welchen Tages- und
Jahreszeit sich regeln, hat schon vor 1900 Jahren dahin ge
führt, ihn nicht länger als Eintheilungsprincip beizubehalten.
S- 279.
Die Bestimmung der Zeit, wenn sie am Himmel gemacht
werden soll, steht im genauesten Zusammenhänge mit der der
Weltgegenden. Am leichtesten würden Osten und Westen
durch den Auf- und Untergang der Sonne zu erhalten
sein, wenn nicht in allen ausserhalb des Aequators und seiner
nächsten Umgebung liegenden Gegenden diese Punkte im
Laufe des Jahres sehr beträchtlich nach Norden und Süden
hinrückten. Dennoch finden wir bei den ältesten Völkern der
Erde Abend und Morgen früher erwähnt und angewandt als
Mittag und Mitternacht, welche sich zwar schärfer bestimmen
lassen, allein auch den Gebrauch irgend eines — wenn auch
noch so rohen — künstlichen Hülfsmittels erfordern.
Die Bemerkung, dass auf halbem Wege zwischen Auf- und
Untergang jeder Weltkörper , mithin auch die Sonne, seinen
höchsten Stand in Bezug auf den Horizont erreicht, folglich ein
senkrecht stehender Gegenstand um diese Zeit und nach dieser
Richtung hin den kürzesten Schatten zeigen wird, führte darauf,
durch diesen Schatten den Meridian zu bestimmen. Da aber
der Moment, wo der Schatten die geringste Länge zeigt, direct
nicht genau wahrgenommen werden kann, indem die Aenderun-
gen dieser Länge um die Mittagszeit herum zu gering sind, so
kann man zunächst in folgender Art verfahren.
Man errichte einen senkrechten Stab von beliebiger
Höhe und ziehe von seinem Fusspunkte aus concentrische
Kreise von beliebiger Anzahl in solchen Distanzen, dass der
Endpunkt des Schattens nach und nach in die Peripherieen
dieser Kreise trifft. Man bemerke nun während des Vormittags