Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Chronologie. ßq3 
Tafeln, um aus der Länge des Schattens in jeder Jahreszeit 
die Stunde zu erkennen. 
Aus den nicht sehr übereinstimmenden Angaben der alten 
Schriftsteller scheint hervorzugehen, dass das älteste römische 
Jahr aus 10 Monaten, mit dem März anfangend, bestand, und 
304 Tage enthielt. Der erste, dritte, fünfte und achte Monat 
hatten 31, die übrigen 30 Tage. Die Zeit des Winters, wo die 
Natur ruhte, scheint man anfangs gar nicht beachtet zu haben, 
und wenn man sie auch später als Januar und Februar mitnahm, 
so weiss man doch nicht gewiss, wie lang diese waren, noch 
findet man irgendwo eine Einschaltungsregel angegeben, um die 
liebereinstimmung mit dem Himmel herzustellen. 
Immer blieb es sehr unbequem, nach so ungleichen und 
veränderlichen Jahren zu zählen, und die Zeitrechnung musste 
den Priestern überlassen werden, die sich, wie im alten Rom 
sehr häufig geschah, mit den Machthabern verständigten und 
die Jahre bald länger bald kürzer machten, um einen Consul 
länger im Amte zu erhalten oder einen neugewählten früher 
eintreten zu lassen. Der Unordnung, die besonders seit den 
Bürgerkriegen in dieser Beziehung eingerissen war, suchte 
Julius Caesar zu steuern. Nicht weniger als 67 vergessene Tage 
mussten in einem Jahre eingeschaltet werden. Dies lange Jahr 
ist A. U. C. 708; es heisst bei den alten Schriftstellern das 
Jahr der Verwirrung und hatte 445 auf 15 Monate vertheilte 
Tage. Der ägyptische Mathematiker Sosigenes, den er dabei 
zu Rathe zog, schlug vor, den Mond gänzlich aus dem Spiele 
zu lassen und den Lauf der Sonne ausschliesslich zur Normirung 
des Jahres zu benutzen. Für die Länge des Sonnenjahres 
setzte er 365 Tage 6 Stunden, wohl nur der Einfachheit wegen, 
denn wahrscheinlich kannte man damals die Länge des Jahres 
schon genauer, allein man hielt es für hinreichend scharf, ganze 
Stunden zu zählen. 
Nach dieser unter dem Namen des Julianischen Kalenders 
bekannten Einrichtung hat das Jahr 365 Tage, jedes 4te dage 
gen 366 Tage, so dass nach dem 23. Februar ein Tag einge 
schaltet wird. Der Fehler eines mittleren Jahres beträgt also 
hier 11 Minuten 15 Sekunden, welche nach 128 Jahren zu 
einem ganzen Tage angewachsen sind und folglich im Laufe 
der Jahrhunderte dahin führen müssen, die Monate in andre 
Jahreszeiten fallen zu lassen. Nach 10000 Jahren z. B. wird 
bei denjenigen Völkern der nördlichen Halbkugel, die alsdann 
noch den julianischen Kalender beihehalten haben, October der 
kälteste und April der wärmste Monat des Jahres sein. 
Gleich Anfangs beging man indess einen Fehler, indem 
man den „quartus annus“ so deutete, dass man das 1 ste, 4te,
	        
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