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Vierzehnter Abschnitt.
sowie dass Griechen es waren, die in Rom Sonnenuhren einrich
teten, chronologisch - astronomische Untersuchungen anstellten
und dass im 4. Jahrhundert v. Ohr., als Ptolemäus die Forscher
aller Länder nach Alexandria rief, dennoch fast nur Griechen
sich befähigt fühlten, dem Kufe zu folgen, und die erste Aka
demie der Wissenschaften zu gründen, welche die Welt ge
sehen : — so muss man sich sagen, dass doch wohl noch etwas
mehr als blosse Meinungen in Hellas zu suchen waren. Hur
dass allerdings vorzugsweise diese Meinungen, und wenig oder
nichts von ihren Beobachtungen auf uns gekommen sind. Wir
werden hier, aus besonderen Gründen, einer derselben er
wähnen.
In der pythogoräischen Schule begegnen wir der Meinung
vom Centralfeuer, um welches die Erde sich drehe. Man hat
vielfach darin das copernicanische System erblickt, ja Coper-
nicus selbst ist dieser Ansicht. Ein genaueres Studium der
Quellen zeigt uns Folgendes;
Das Centralfeuer steht in der Mitte zwischen der Erde
und der Gegenerde (Antichthon). Beide drehen sich in 24
Stunden um das Centralfeuer, jedoch so, dass sie ihm immer
dieselbe Seite zuwenden, und zwar die Erde ihre Südhalb
kugel, weshalb man nördlich vom Aequator nichts von ihm
sehen kann. Die Sonne wird bestimmt vom Centralfeuer un
terschieden ; sie ist möglicherweise eine Abspiegelung desselben.
Das ist nun freilich eine Bewegung der Erde, aber ohne
die mindeste Aehnlichkeit mit der, welche Copernicus ihr an
weist. Erhalten konnte sich diese Meinung nur bis dahin wo
der Aequator überschritten ward. Jetzt mussten Gegenerde
und Centralfeuer verschwinden; erstere ward zur Süd halbkugel,
letzteres zum Feuer im Mittelpunkt der Erdkugel, das also
die Astronomie nichts angeht.
Wenn aber Gruppe den Plato zum Urheber des coperni-
canischen Systems machen will, so muss entgegnet werden,
dass auch nicht der mindeste positive Beweis dafür beigebracht
werden kann. Gruppe traut Niemanden ausser Plato den
Scharfblick zu, eine so wichtige Erfindung zu machen, und
da sich nun Anklänge daran bei Späteren vorfinden, so muss
es Plato sein, von dem sie herrühren.
Mit der Verehrung, die auch wir vor dem Genie des
Plato empfinden, verträgt es sich ohne Zweifel, dass wir einen
„Beweis“ dieser Art nicht anerkennen. Es wäre gewiss nicht
schwierig, in dieser Weise alle Entdeckungen und Erfindungen
irgend einem Alten, wie früher die Theologen dem Adam, zu
zuschreiben.