Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

634 
Vierzehnter Abschnitt. 
die Länge des synodischen Mondumlaufes, nicht alt-egyptische, 
sondern alt-babylonische Beobachtungen benutzt. Waren jene 
ihm unzugänglich? Schwerlich, die Herrscher aus dem Hause 
der Ptolemäer hätten, auch bei der grössten Geheimthuerei der 
Priester, gewiss Mittel besessen, sie ihm zugänglich zu machen. 
Wir schliessen im Gegentheil daraus, dass jene alten Beobach 
tungen den hohen Werth nicht besassen,. den man ihnen lange 
Zeit zuschrieb. 
Für die Jahreslänge fand er (tropisch) 365 T. 5 St. 55' 12"; 
er benutzte dazu ausser seinen eigenen Beobachtungen nur noch 
eine des Aristarch. Den synodischen Mondsumlauf nahm er zu 
29 T. 12 St. 44 Min, 3 x / 3 Sekunden an; fast vollkommen richtig. 
Die Entfernung des Mondes fand er 62—• T2 1 / 2 Erdhalbmesser, 
was etwa um 1 j 9 zu viel ist. 
Man sagt nicht zu viel, wenn man Hipparch als den Astro 
nomen bezeichnet, der die Himmelsforschung eigentlich erst zur 
Wissenschaft gemacht hat. Leider ist uns von seinen Lebens 
umständen fast nichts, wenigstens nichts Sicheres, bekannt. 
In der nächsten Zeit finden wir keinen Hamen, den wir 
diesem grossen Manne zur Seite setzen könnten. Geminus, 
Theodosius, Alexander von Ephesus haben nichts Bedeutendes ge 
leistet; Conon hat sich das mühelose Verdienst erworben, ein 
neues Sternbild (das Haar der Berenice) einzuführen; Sosigenes 
hat, wie wir oben schon erwähnt, die Kalenderverbesserung 
vorgeschlagen, welche Julius Caesar einführte. Dagegen müssen 
wir der Entdeckung und Erklärung der Befraction gedenken. 
Schon Posidonius hatte vermuthet, dass durch die Dünste des 
Horizonts die Lichtstrahlen von der geraden Linie abgelenkt 
würden, aber er wandte diese an sich richtige Bemerkung sehr 
fehlerhaft an. Er glaubte nämlich darin die Ursache zu finden, 
weshalb Sonne und Mond am Horizonte grösser erschienen 
als höher hinauf. Dies ist nun ganz und gar nicht der Fall; 
eine wirkliche, wenn auch nur rohe Messung würde ihm gezeigt 
haben, dass der Mond am Horizont sogar etwas kleiner er 
scheine, und dass auch bei der Sonnenscheibe der verticale 
Durchmesser hoch am Himmel gefunden wird. Cleomedes war 
glücklicher. Man hatte zu seiner Zeit den total verfinsterten 
Mond zu einer Zeit erblickt, wo die Sonne noch nicht ganz 
untergegangen war. Dies schien ihm unmöglich; da aber so 
viele glaubwürdige Zeugnisse Vorlagen , so forschte er nach 
der Ursache und fand sie darin, dass der Lichtstrahl von seinem 
geraden Wege abgelenkt werde und eine gegen die Erde concave 
Curve beschreibe. Späteren Forschern blieb es Vorbehalten, 
die genaueren Gesetze der Befraction zu ermitteln. — Cleomedes 
wie Posidonius lebten in Born, *wo damals die Wissenschaften
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.