Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Der für uns wichtigste Theil seiner Arbeiten ist der Stern- 
catalog, den wir ursprünglich PLipparch verdanken. Ptolemäus 
hat ihn auf seine Zeit reducirt, aber mit der zu kleinen Prä- 
cession von jährlich 36" (statt 50"). So passen seine Oerter 
nicht für seine, sondern für eine etwa 80 Jahre frühere Zeit, 
die des Nero. Er führt 48 Sternbilder auf; 21 nördlich der 
Ekliptik, 12 in derselben und 15 südliche. Was in Alexandria 
nicht über den Horizont sich erhob, fehlt imCataiog; mir der 
Stern Achernar, den man vielleicht im südlichen Egypten be 
obachtet hat, kommt noch vor. Die einzelnen Sterne in den 
Sternbildern sind nicht wie bei uns durch Buchstaben bezeich 
net, sondern nach den Körpertheilen der Heroenfiguren oder 
denen der Thiere und anderer Gegenstände, z. B. der Stern 
am Busse der Jungfrau; im Thronsessel der Cassiopeja, im 
Gürtel des Orion u. s. w. stets so speciell, dass einer Ver 
wechselung vorgebeugt ist. Damit war denn für die Folgezeit 
die Nothwendigkeit verbunden, die einmal vorgezeichneten Bil 
derfiguren mit aller Treue beizubehalten und auch keine Fin 
gerspitze von ihrer althergebrachten Stelle zu rücken. Sterne, 
die nicht in eine der Bildfiguren selbst hineingezogen werden 
konnten, sondern nur daneben standen, nannte er informes 
(äfioQfpoi). So ist bei ihm Arctur, weil er nicht im, sondern 
nur dicht unter dem Bootes steht, eine stella informis. 
Wie sorgfältig Ptolemäus bei seinen Berechnungen verfuhr, 
möge hier an einem Beispiele gezeigt werden. Um die Zeit 
zu bestimmen, wo eine Mondfinsterniss am grössten ist, begnügt 
er sich nicht damit, das arithmetische Mittel aus Anfang und 
Ende zu nehmen, sondern er bringt zwei Correctionen an. Der 
Mond steht während einer Finsterniss zwar immer der Ekliptik 
sehr nahe, aber doch nicht genau in derselben; der Mittel 
punkt des Erdschattens dagegen immer in der Ekliptik. Folg 
lich muss man die Länge des Mondes auf die Ekliptik redu- 
ciren, was höchstens zwei Minuten Zeit beträgt. Ferner ist 
die Bewegung des Mondes nicht gleichförmig, und wenn man 
es genau nimmt, auch nicht während der kurzen Dauer einer 
Finsterniss. Auch dies berücksichtigt Ptolemäus, obgleich die 
Correction noch kleiner als die ersterwähnte ist, und die Beob 
achtung zu seiner Zeit so geringe Unterschiede direkt nicht 
wahrnehmen konnte. 
Der tadelsüchtige Delambre, dem Ptolemäus nichts recht 
machen konnte, und der ihm bei jeder Gelegenheit zeigt, wie 
er es besser hätte machen sollen, hat nicht bedacht, dass 
nach abermaligen 1600 Jahren die Nachwelt über seine eige 
nen Verfahrungsweisen wohl eben so urtheilen wird, wie er 
über die des alten Griechen.
	        
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