640
Vierzehnter Abschnitt.
Jüngeren, und mehr noch die seiner Tochter Hypatia. Er be
arbeitete den Euclid und hat auch einige Beobachtungen ange
stellt ; seine Tochter bekleidete den Lehrstuhl der Mathematik
und Astronomie in Alexandria, und ihr Vertrag fand grossen
Beifall. Sie gab astronomische Tafeln, die leider nicht auf uns
gekommen sind. Diese treffliche Dame ward, als sie einst
aus ihrem Collegium nach Hause ging, von einer aufrühre
rischen Pöbelrotte, unter Anführung eines christlichen
Priesters angefallen und nach den grausamsten Misshandlungen
ermordet.
Der Bischof Synesius, der Hypatia seine vortreffliche Lehrerin
nennt, arbeitete ein Planisphaerium aus, und sein Brief, worin
er es einem Freunde empfiehlt, ist uns erhalten.
Um 670 erfolgte der Untergang der alexandrinischen
Bibliothek, die der letzte dortige Mathematiker Philoponus ver
gebens zu retten versuchte. Der Besieger Egyptens, der rohe
Barbar Omar, war taub gegen seine Bitten, und befahl, mit
diesen Büchern die Bäder zu heizen.*)
So traurig war der Verfall, dass im 8. Jahrhundert die
Erde wieder flach, und die Lehre von den Antipoden kirchlich
verdammt wurde. — Isidorus Hispalensis will den Stillstand und
Rückgang der Planeten darstellen und meint, sie verlören in
der Finsterniss den Weg, würden ungewiss, geriethen auf
einen falschen Weg und suchten den rechten wieder.
Und nun genug davon!
Astronomie der Araber.
Die tropischen und subtropischen Landschaften Westasiens
erfreuen sich einer fast ununterbrochenen Heiterkeit und einer
Durchsichtigkeit des Luftkreises, der die Gestirne ungleich
glänzender erscheinen lässt als irgendwo im Abendlande. Und
hier war es, wo die in Europa vergessenen, verachteten und
selbst verpönten Wissenschaften eine Stätte fanden. Kann gleich
das, was die Araber geleistet, die Vergleichung mit Alexandria’s
grosser Zeit nicht aushalten, so haben sie doch das nie genug
zu schätzende Verdienst, die Brücke zu bilden, die über die
Jahrhunderte europäischer Finsterniss hinweg, alles für uns
herübergerettet hat, was noch zu retten war aus den Tagen
Hipparclis und Ptolemäus\ Doch sind auch ihre eigenen
Leistungen nicht gering anzuschlagen.
*) Andere halten diese Erzählung für eine Fabel und schreiben sie
dem Hasse der Christen gegen die Moslim zu. Genug, dass um diese
Zeit nicht allein die alexandrinische, sondern auch zwei grosse byzantinische
Bibliotheken untergingen; die letzteren in einer Feuersbrunst. Gewiss
der schwerste Verlust, den die Wissenschaften je erlitten haben.