Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Vierzehnter Abschnitt. 
Jüngeren, und mehr noch die seiner Tochter Hypatia. Er be 
arbeitete den Euclid und hat auch einige Beobachtungen ange 
stellt ; seine Tochter bekleidete den Lehrstuhl der Mathematik 
und Astronomie in Alexandria, und ihr Vertrag fand grossen 
Beifall. Sie gab astronomische Tafeln, die leider nicht auf uns 
gekommen sind. Diese treffliche Dame ward, als sie einst 
aus ihrem Collegium nach Hause ging, von einer aufrühre 
rischen Pöbelrotte, unter Anführung eines christlichen 
Priesters angefallen und nach den grausamsten Misshandlungen 
ermordet. 
Der Bischof Synesius, der Hypatia seine vortreffliche Lehrerin 
nennt, arbeitete ein Planisphaerium aus, und sein Brief, worin 
er es einem Freunde empfiehlt, ist uns erhalten. 
Um 670 erfolgte der Untergang der alexandrinischen 
Bibliothek, die der letzte dortige Mathematiker Philoponus ver 
gebens zu retten versuchte. Der Besieger Egyptens, der rohe 
Barbar Omar, war taub gegen seine Bitten, und befahl, mit 
diesen Büchern die Bäder zu heizen.*) 
So traurig war der Verfall, dass im 8. Jahrhundert die 
Erde wieder flach, und die Lehre von den Antipoden kirchlich 
verdammt wurde. — Isidorus Hispalensis will den Stillstand und 
Rückgang der Planeten darstellen und meint, sie verlören in 
der Finsterniss den Weg, würden ungewiss, geriethen auf 
einen falschen Weg und suchten den rechten wieder. 
Und nun genug davon! 
Astronomie der Araber. 
Die tropischen und subtropischen Landschaften Westasiens 
erfreuen sich einer fast ununterbrochenen Heiterkeit und einer 
Durchsichtigkeit des Luftkreises, der die Gestirne ungleich 
glänzender erscheinen lässt als irgendwo im Abendlande. Und 
hier war es, wo die in Europa vergessenen, verachteten und 
selbst verpönten Wissenschaften eine Stätte fanden. Kann gleich 
das, was die Araber geleistet, die Vergleichung mit Alexandria’s 
grosser Zeit nicht aushalten, so haben sie doch das nie genug 
zu schätzende Verdienst, die Brücke zu bilden, die über die 
Jahrhunderte europäischer Finsterniss hinweg, alles für uns 
herübergerettet hat, was noch zu retten war aus den Tagen 
Hipparclis und Ptolemäus\ Doch sind auch ihre eigenen 
Leistungen nicht gering anzuschlagen. 
*) Andere halten diese Erzählung für eine Fabel und schreiben sie 
dem Hasse der Christen gegen die Moslim zu. Genug, dass um diese 
Zeit nicht allein die alexandrinische, sondern auch zwei grosse byzantinische 
Bibliotheken untergingen; die letzteren in einer Feuersbrunst. Gewiss 
der schwerste Verlust, den die Wissenschaften je erlitten haben.
	        
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