Geschichtlicher Ueberblick.
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liehen Wirkens sich Grosses vollzog, wo auf kirchlichem, poli
tischem, künstlerischem und wissenschaftlichem Boden herrliche
Früchte reiften und grosse Männer auftraten, wie sie in solcher
Fülle keine frühere Zeit gekannt hatte. — Doch gehen wir
über zu den Thatsachen selbst.
In Italien, das sich schon damals zahlreicher Musensitze er
freute (Bologna rühmt sich, schon 420 vom altrömischen Kaiser
Honorius gestiftet zu sein) traten Lehrer der Mathematik und
Astronomie auf, während früher, neben den theologischen Wissen-
• schäften, nur etwa noch die Medicin sich einiger Beachtung
zu erfreuen hatte. Leonhard von Pisa machte Europa mit der
Algebra bekannt und versuchte die Planetenrechnungen durch
eine mechanische Vorrichtung zu ersetzen, Bessarion, der
Cardinal, war der Mäcen seiner Zeit; seines Beifalls und Bei
standes durften die Förderer der Wissenschaft sich für ver
sichert halten. — Toscannelli, geh. 1397, machte sich vielfach
verdient als Lehrer wie als Förderer der Mathematik. —
Buonicontro, Bianchini, Georg von Trapezunt machten sich um
die Wissenschaft verdient, theils als Mathematiker, theils als
Kenner und Verbreiter des Griechischen, was bis dahin im
christlichen Europa so gut wie ganz unbekannt war.
In Deutschland ward die Universität Wien gegründet, die
in ihrer ersten vorjesuitischen Periode sich hochverdient ge
macht hat. Zu ihren frühesten Lehrern gehören Heinrich von
Hessen (Langenberg), der Theologie und Astronomie vortrug und
schon 1370 ein Werk: „de astrologorum superstitione“ ver
fasste ; ferner Johann von Gmunden, Professor der Mathematik
(um 1375 geboren), dessen Schüler Feurhach war, und Andere
mehr.
Nicolaus von Cusa (geh. 1401), der mit Toscanelli verkehrte
und den Einige zum Vorläufer des Copernicus machen wollen,
ist viel zu unklar, als dass wir ihm eine astronomische Be
deutung beimessen könnten. Was der Wissenschaft Noth thut:
unzweideutige, fest bestimmte, sich innerlich nicht wider
sprechende Sätze, hat man hei ihm nicht zu suchen.
Georg Purbach (geh. 1423 Mai 30.), der erste deutsche
Astronom, beschäftigte sich eifrig mit der Theorie der Astro
nomie und arbeitete an Tafeln, welche die ptolemäischen ver
bessern sollten.
Im J. 1452 kam der 16 jährige Johann Müller, gewöhnlich
nach seinem Geburtsorte (Königsberg in Franken) Regiomontanus
genannt, zu ihm nach Wien und ward sein Schüler, bald auch
sein Mitarbeiter. Bei ihren Berechnungen bedienten sie sich
der arabischen Ziffern, die früher in Europa unbekannt, wenig
stens heim Rechnen nicht in Gebrauch waren. Der oben ge-