Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Geschichtlicher Ueberblick. 
649 
Deutschland befunden hätte. Wir wollen die grossen Mängel 
der yorcopernicanischen Astronomie, von denen auch Regiomon- 
tanus nicht frei war, offen zugestehen, namentlich den Franzosen 
gegenüber, hei denen damals die Astronomie sich allerdings nicht 
sowohl in einem elenden, sondern in gar keinem Zustande be 
fand. Denn welchen Namen haben sie aufzuweisen , seit P. tVAilly 
(der doch auch nichts Bedeutendes geleistet) 1423 hochbejahrt 
fffs Grab gesunken war? Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts 
beginnt es sich auch dort wieder etwas zu regen, nachdem die 
Schreckenstage vorüber waren, die mit Verbrennung der Jung 
frau von Orleans und Ludwig des XI. Regierung begannen und 
mit der Bartholomäusnacht endeten. — Wohl findet sich in 
den Kalendern, die unter „maister künigspergers“ Namen er 
schienen (wieviel Antheil er selbst daran hat, bleibe dahinge 
stellt) auch Astrologisches; doch wäre ohne diese Zuthat damals 
auch nur ein einziger verkauft worden? Müssen nicht noch in 
unserem Jahrhundert an vielen Orten die Kalender Wetter 
prophezeihungen enthalten, und wird man deshalb Bode oder 
Bessel, welche die Himmelserscheinungen dazu liefern, der Stern 
deuterei anklagen ? 
Nach Regiomontanus Tode setzte Walther die Beobachtungen 
allein fort. Seit 1484 bediente er sich dabei einer Uhr. Er 
starb 1504 und seine sorgfältigen Beobachtungen, namentlich 
des Mercur, sind für Copernicus bei Ausarbeitung seines Systems 
von grossem Nutzen gewesen. Inzwischen hatte sich in Nürn 
berg die Liebe zu den Wissenschaften mehr ausgebreitet; Werner, 
Schoner, Behaim und Andere setzten das Werk fort, was in 
WaltherS Hause begonnen war. 
Nürnberg, wohlhabend durch Kunst und Gewerbfleiss, pflegt 
nun auch die Wissenschaft. Auf Stadtgebiet ward die Univer 
sität Altorf gegründet, und Melanchthon, der Reformator, war 
fortdauernd thätig für deren zweckmässige Einrichtung und 
Besetzung. 
Aber auch an anderen deutschen Orten fanden sich gegen 
Ende des 15. und im Beginn des 16. Jahrhunderts Mitarbeiter 
am grossen Bau, und einige Monate vor dem Tode de’s letzten 
samarkandischen Astronomen Al Kuschdochi erblickte Nicolaus 
Copernicus das Licht der Welt zu Thorn (1473). 
Inzwischen hatten Spanier und Portugiesen die Nothwen- 
digkeit erkannt, bei ihren oceanischen Fahrten am Himmel 
sich Rath zu erholen und sie waren auf’s eifrigste bemüht, 
Männer zu gewinnen, die des Himmels kundig waren. Wer 
nachweisen konnte, ein Schüler des Regiomontanus gewesen zu 
sein, war der besten Aufnahme und Verwendung dort gewiss. 
Es entstand die „neue“ Kunst, nach den Sternen zu schiffen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.