Geschichtlicher Ueberhlick.
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Bäckermeisters und schon im 9. Jahre vaterlos, hatte er das
Glück, die Aufmerksamkeit seines Oheims Ducas Watzelrode,
eines angesehenen Geistlichen, zu erregen. Dieser bemerkte
bald die grossen Fähigkeiten des Knaben und sorgte für dessen
Erziehung. Er bezog später die Universität Krakau, und hörte
insbesondere die Vorlesungen des Mathematikers Brudzewski,
jedoch auch Theologie und Medicin betrieb er eifrig. Mit
einigen gleichstr eh enden Jünglingen, Illuski, Kohylin und
Wapowski, schloss er einen engen Freundschaftshund, und sie
haben ihm später bei seinen Beobachtungen geholfen. 1500
ging er nach Italien und fand hier an Dominicus Maria einen
eifrigen und kundigen Freund der Himmelskunde. Seine erste
Beobachtung ist eine Mondfinsterniss von 1500 in Born. Zu
rückgekehrt, ward ihm die Professur seines inzwischen ge
storbenen Lehrers angetragen: er schlug sie aus, da er glaubte
selbst noch lernen zu müssen, bevor er lehren könne. Sein
Oheim verschaffte ihm ein Canonicat in Frauenburg, wo er
fortan seine Wohnung nahm und seine Beobachtungen mit
einem Instrument einfachster Construction anstellte. — 1506
begann er seine Untersuchungen.
Wir kennen den Gang derselben nicht im Einzelnen. Er
liebte es, in der Stille zu forschen, besonnen und ohne Yorur-
theil nicht die Menschen, sondern den Himmel um Rath zu
fragen und alles auf’s Strengste zu prüfen. So arbeitete er
ruhig an dem einzigen Werke, was wir von ihm besitzen: „de
revolutionibus orbium libri sex u Kur durch die strengste Ord
nung in allem, was er vornahm, ist eine Thätigkeit wie die des
Copernicus erklärlich. Er war ein berühmter und vielgesuchter
Arzt; er hatte die Angelegenheiten des Domkapitels, Preussen
und Polen gegenüber, zu leiten; er führte einen grossen
Schleusenhau für Frauenburg aus, den Niemand vor ihm zu
Stande bringen konnte; er ordnete das in die höchste Verwirrung
gerathene Münzwesen und wurde in den verschiedensten Ange
legenheiten consultirt. Und neben allen diesem ein wissen
schaftliches Werk, wie die Welt es noch nie gesehen!
Er hatte anfangs nicht die Absicht es durch den Druck
zu veröffentlichen, sondern wollte es nur privatim einigen
Fachgenossen mittheilen. Aber die beharrlichen Bitten seiner
Freunde, des Cardinal Schömberg, des Bischofs Gysius, des
Wittenberger Professors J. G. Rheticus und seiner Krakauer
Freunde, bestimmten ihn, es in Nürnberg drucken zu lassen.
Dennoch war es nahe daran zu Grunde zu gehen. Die Mönche,
diese ewigen und unversöhnlichen Feinde jedes Fortschritts
hetzten den Pöbel auf, die Druckerei zu zerstören, avo ein
teuflisches Werk unter der Presse sei. Doch ward es gerettet