Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Vierzehnter Abschnitt. 
und der Druck nach einiger Zeit wieder begonnen. Aber er 
schritt so langsam vor, dass Copernicus, als das erste Exemplar 
nach Frauenburg gelangte, schon der Sprache beraubt auf dem 
Todbette lag und bald darauf im 71. Jahre starb. 
Wir haben in seinem System den wesentlichen Theil, der 
ewig dauern wird, von dem zu unterscheiden, was noch mangel 
haft war und später verbessert wurde. Die Sonne im Centrum, 
die Erde ein Planet, wie die andern sich um ihre Axe drehend, 
und gleichzeitig um die Sonne kreisend, der Mond um die 
Erde als ihr Trabant laufend — von allen zahlreichen Feinden, 
die an diesen Sätzen zum Ritter werden wollten, hat noch 
nicht ein einziger den Nachweis auch nur versucht, der hier 
allein entscheiden kann, die Rechnung. — Ein zweiter 
Theil des Systems: die excentrischen Kreise, die theilweis bei 
behaltenen Epicyclen und noch einiges Andere, war dagegen 
der Verbesserung fähig und ist verbessert worden, sobald die 
Beobachtungen hinreichende Schärfe erlangt hatten, um bessern 
zu können. So sind die elliptischen Planetenbahnen nicht 
copernicanisch, sondern keplerisch und eben dies gilt noch von 
einigen anderen Sätzen. Dies wären die Angriffspunkte 
gewesen, freilich nur für die, welche anzugreifen verstanden. 
Statt dessen sehen wir, dass sie den Streit auf ein fremdes 
Gebiet hinüberzuspielen versuchen. Aber, wie Copernicus in 
seiner Widmung an Papst Paul III. bemerkt; „Mathematische 
Werke werden auch nur für Mathematiker geschrieben. 11 — 
Wer in einer Wissenschaft reformiren will, studire allem zu 
vor diese Wissenschaft gründlich und sehe dann zu, ob sich 
in ihr reformbedürftige Sätze finden und ob er sich fähig 
fühlt, die Reform vorzunehmen. 
Doch zur Sache. Die neue Theorie bedurfte, um allge 
meine Anwendung zu finden, der nach ihr berechneten Tafeln, 
für welche Rheticus thätig war. Es erschienen die PrutenV- 
schen Tafeln, welche bald die PtolemäVsehen verdrängten. Die 
Resultate der nach diesen Tafeln ausgeführten Berechnungen 
überzeugten viele, die anfangs Gegner des Copernicus gewesen 
waren, so z. B. Moestlin, der im Alter einer der entschie 
densten Anhänger des Frauenburger Astronomen wurde, und 
eben so Tycho Brahe, wie wir später sehen werden. 
Aber der kleinen Zahl gründlicher Forscher stand die 
grosse Zahl derer gegenüber, die es bequemerfanden, nicht 
zu rechnen. Wir werden ihre Beweisart bald kennen lernen, 
Rheticus hatte, auf den Rath des Copernicus, noch ein 
anderes Werk unternommen, das er nicht zu beendigen hoffen 
konnte: die Berechnung der trigonometrischen Linien, Er 
bildete sich daher einen fähigen Schüler, Otho, der nach lang
	        
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