Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Geschichtlicher üeberblick. 
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Galileo Galüäi, geb. 1564 am 18. Febr. zu Pisa, zeigte 
schon in seinen Knabenjahren Neigung zur Mathematik und 
den Naturwissenschaften. Die pendulirenden Bewegungen der 
in der Kirche hängenden Kronleuchter waren der erste Anfang 
seiner Untersuchungen über den Pendel. Aber selbständige 
Forschungen auf dem Gebiet der Naturkunde waren nicht das, 
was die damals in Italien die Wissenschaft beherrschenden 
„Peripatetiker“ wollten. Nur durch Vergleichung der alten 
Texte, behaupteten sie, könne die Wahrheit gefunden werden; 
alles Uebrige sei eitel und verdammlich. Hätte Galüäi sein 
Fallgesetz aus dem Aristoteles gezogen, so wäre er gefördert 
und belohnt worden, aber er gründete es auf eigene Forschungen 
und man nahm ihm seine Professur. Am Hofe des Gross 
herzogs zu Florenz fand er Aufnahme. 
Das aus den Pendelbewegungen abgeleitete Fallgesetz ist 
der erste Keim zu dem Newton’schon Gravitationsgesetze, und 
Galüäi unterliess nicht, es in seinen weiteren Consequenzen zu 
untersuchen; den Fall auf schiefer Ebene, die Bewegungshem 
mung durch Widerstand, und Anderes finden wir bei ihm 
entwickelt. Als Arzt bediente er sich des Pendels zum ge 
naueren Zählen des Pulses. 
Als die Kunde von der in Holland gemachten Erfindung 
nach Florenz gelangte, sann er über das Problem nach und 
brachte ein Fernrohr eigener Erfindung zu Stande, das im 
Princip von dem holländischen ganz verschieden, den Namen 
des Galüäi’ sehen führt. Sofort richtete er es gegen den Him 
mel, entdeckte in rascher Folge die Jupitersmonde, die Sichel 
gestalt der Venus, die Gebirge des Mondes und noch vieles 
Andere, was er unter allen Menschen zuerst gesehen. Gross 
war seine Freude, aber grösser noch die Wuth der Peripate 
tiker; an ihrer Spitze der Verfasser des Antitycho, Chiara- 
monti, der erbittertste und beharrlichste Verfolger Galüäi’s. 
Sie weigerten sich, durch sein Fernrohr zu sehen, und die. es 
thaten, behaupteten nachher, alles sei Blendwerk des Teufels, 
Bei solchen Menschen konnte natürlich das Copernicani’ - 
sehe System, dessen eifriger Anhänger Galüäi war, keine Gnade 
finden. Stand es ja doch weder in der Bibel noch im Aris 
toteles, und Galüäi führte seine Beweise „nur “ aus der Mathe 
matik. — Wenn wir sehen, dass Galüäi und andere Zeitgenossen 
ihre Entdeckungen in Anagramme versteckten und Buchstaben 
versetzten, so hat man darin weder Geheimnisskrämerei noch 
andre eines Forschers unwürdige Motive zu suchen, sondern 
nur die damals so nothwendige Vorsicht. So schrieb Galüäi 
an Kepler (10. Dec. 1610J: 
„Haec immatura a me jam frusta leguntur. O. Y,“ 
Mädler, Popul. Astronomie. 42
	        
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