Geschichtlicher lieber blick.
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Nie möge das Andenken an diese Vorgänge vergessen wer
den. Der Name Galiläi diene in allen künftigen Zeiten zum
Sehr eckbilde, entgegengehalten denen, welche es versuchen
möchten, die Menschheit zurückzuversetzen in die alte Knecht
schaft. Wir kennen die Feinde unseres Strebens, wir wissen,
dass sie unversöhnlich sind, aber wir wissen auch, wie ihnen
begegnet werden muss.
Johann Kepler, geh. 1671 am 27 Dec. zu Magstatt bei Weil
in Würtemberg, hatte von seinen in ärmlichen Umständen le
benden Eltern nur wenig Pflege erhalten und sehr dürftigen
Schulunterricht genossen; dennoch zeigten sich schon im
16. Jahre seine Talente so entschieden, dass er Aufnahme in
einem theologischen Seminar fand. Aber die starre Unduld
samkeit der dortigen Leiter der Anstalt ward ein Hinderniss
für seine Anstellung als Prediger; man gab ihm zwar das
Zeugniss eines gewandten Redners, aber es war ihm unmög
lich, Andersdenkende so wüthend zu hassen, als seine Lehrer
es forderten. Er ward Lehrer der Mathematik am Gymna
sium zu Grätz in der Steyermark. Indess machte die Duldsam
keit, welche die Protestanten damals dort genossen, einer har
ten Verfolgung Platz, als der fanatische Erzherzog Ferdinand
zur Regierung kam; alle Protestanten mussten das Land räu
men, Er ging nach Ungarn, aber noch auf der Reise ereilte
ihn die Nachricht, dass man ihn ausnahmsweise in Grätz dul
den wolle. Er kehrte zurück, und nachdem er das Ansinnen,
ein heimlicher Jesuit zu werden, ahgelehnt, „da er das Heucheln
nicht gelernt habe“ und die „Duldung“ täglich intoleranter
wurde, nahm er das Anerbieten Tychds, zu ihm nach Prag
als sein Gehülfe zu ziehen, an. Doch hatte er vorher noch
einen Versuch gemacht, eine Stellung in Würtemberg wieder
zu gewinnen.
Kepler ward nach Tychd’s Ableben Direktor der Sternwarte in
Prag, die er noch mit Fernröhren auszurüsten das Glück hatte.
Er hat fleissig und genau beobachtet, allein sein Hauptverdienst
besteht in seinem theoretischen Arbeiten. Seine berühmten
drei Gesetze, an denen er lange Jahre aufs eifrigste geforscht,
bilden das unvergängliche Denkmal des grossen Mannes. Nach
diesen Regeln war ein consequentes und genaues Rechnen
eigentlich erst möglich geworden und nur die Störungstheorie
fehlte noch. Die Pruteni’ sehen Tafeln wurden durch die Ru-
dolphini’sehen ersetzt, die Kepler zu Stande brachte.
Er hatte übrigens beginnender Augenschwäche wegen seine
Stellung in Prag aufgegeben und war nach Linz gegangen. Der
lange traurige Krieg in Deutschland hatte auch für ihn üble
Folgen. Sein Gehalt blieb aus oder ward nur spät und nur