Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Spectral-Analyse. 
701 
Natur des Lichts tiefer zu beschäftigen. Für eine befrie 
digende Erklärung der Aberration genügte es zu wissen, 
dass der Lichtstrahl im Weltenraume geradlinig verläuft und 
zu seinem Wege einer gewissen Zeit bedarf, wie dies schon die 
alte sogenannte Emissionstheorie, des Lichtes annimmt. In diesem 
Punkte nun gerade unterscheidet sich die neuere Theorie des 
Lichtes, die Wellentheorie, auch Undulations- oder Yibrations- 
theorie genannt, nicht von der ältern, welche den Vorzug der 
Einfachheit geltend machen konnte. (Bei gewissen feineren 
Untersuchungen über Aberration muss jedoch ebenfalls die 
Wellentheorie berücksichtigt werden). 
Nach der Lehre der modernen Physik, die allem Anscheine 
nach sich in ihren G-rundzügen für immer behaupten wird, 
ist das Licht eine dem Schall analoge Erscheinung und wie 
jener eine Folge der Schwingungen elastischer Molecüle. Nur 
sind es bei dem Schall die Molecüle der Luft, überhaupt 
aber der den Schall erzeugenden oder leitenden Körper, 
welche schwingen, hei dem Licht die Aether-Molecüle, welche 
den Weltenraum und die durchsichtigen oder leuchtenden 
Körper durchdringen. Es bestehen keine wesentlichen und 
die Analogie aufhebenden Unterschiede zwischen den Erschei 
nungen der Akustik und denen der Optik. Die Anzahl der 
Schwingungen eines vibrirenden Molecüls während einer Se- 
cunde bestimmt in der Akustik die Höhe des Tons, welchen 
unser Ohr vernimmt, in der Optik die Farbe, welche unser 
Auge empfindet. Wir hören z. B. das einmal gestrichene c, 
wenn eine Clavier-Saite und mit ihr die Molecüle des Beson- 
nanzhodens 258,65 Schwingungen in der Secunde ausführen; 
wir sehen violettes Licht, wenn die Aethertheilchen zu 800 
Billionen Schwingungen hin und her in der Secunde gelangen. 
Nach der bekannten Lehre von der Zerlegung oder Zusammen 
setzung der Kräfte und Geschwindigkeiten, da nämlich die 
Geschwindigkeit des Aethertheilchens bei der Schwingung in 
jedem Augenblicke nach zwei zu einander senkrechten Bich 
tungen zerlegt werden kann, kommt man leicht zu der für 
das Weitere wichtigen Ueberlegung, dass bei der Schwingungs- 
hewegung das Molecül eine Bahn um einen bestimmten Mittel 
punkt beschreibt, und zwar um denjenigen Punkt, den es 
einnehmen würde, wenn es in Buhe wäre, und vor Erregung 
des Lichtstrahls wirklich einnahm. Nach dieser Betrachtung 
können wir nun auch sagen, die Erscheinung violetten Lichtes 
werde hervorgerufen, wenn das Molecül seine Bahn um den 
Mittelpunkt in ™ Secunde zurücklegt. Wie hier noch gleich 
bemerkt werden mag, besitzt die Physik gewisse Hülfsmittel, 
die Bewegung des Aethertheilchens nach einer bestimmten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.