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Fünfzehnter Abschnitt,
Richtung hin aufzuheben, so dass dann die schwingende Be
wegung ganz und gar in eine durch den Mittelpunkt der Beim
gehende gerade Linie fällt. Man sagt deshalb von dem ent
sprechenden Strahl, derselbe enthalte geradlinig polari-
sirtes Licht. Durch Versuche mit polarisirtem Lichte ist
man, noch beiläufig bemerkt, zu der Kenntniss gelangt, dass
hei dem Licht die Schwingungen transversal zu der Richtung
des Strahls vor sich gehen. In dieser Beziehung offenbart
sich ein Unterschied gegen den Schall, der durch Longitudi-
nal-Schwingungen, d. h. solche in der Richtung des Strahls
oder des Schalls sich fortpflanzt. Die Analogie beider Er
scheinungen wird jedoch durch diesen Umstand nicht wesent
lich gestört. — Der Leser darf zu grösserer Einfachheit die
nächstfolgenden Betrachtungen auf polarisirtes Licht beziehen,
ohne dass die allgemeinere Gültigkeit darunter leidet, weil
sich aus dem polarisirten Lichte stets durch Zusammensetzung
das natürliche wieder hersteilen lässt, dessen Theilchen in
allen Transversal-Richtungen schwingen. Die mathematische
Theorie der Vibrationen zeigt nun ferner, dass ein in Schwin
gung versetztes Theilchen seine Bewegung auf ein benachbartes
Theilchen überträgt, d. h. die Bewegung fortpflanzt, nur dass
das nächstfolgende eine durchaus ähnliche Bahn um ein ge
wisses Zeittheilchen später beginnt. Das nächstfolgende Theil
chen wird daher dem Endpunkt seiner Schwingung nahe sein,
während das vorhergehende denselben schon ganz erreicht
hat, d. h. in der Phase seiner grössten Elongation nach dieser
Seite hin sich befindet. Ein noch weiter in der Richtung
des Strahls entferntes Theilchen wird noch mehr in der
Phase seiner Bewegung zurück, also dem Mittelpunkt seiner
Bahn näher sein. Noch andere Molecüle werden bis dahin
nicht einmal diesen Mittelpunkt passirt, daher noch einen
Ausschlag nach der andern Seite haben. Denkt man sich
diese gleichzeitig von den verschiedenen Punkten des Strahls
statt findenden Ausschläge oder Elongationen als Ordinaten
aufgetragen, so erhält man das Bild einer Wellen-Linie oder
eines Wellenzuges mit Wellenbergen und Thälern. Den gegen
seitigen Abstand zweier nächst benachbarter Wellenberge oder
überhaupt Theilchen, welche sich in derselben Phase befinden,
nennt man die Weilenlänge. Dieselbe spielt in allen dieser-
artigen Untersuchungen eine Hauptrolle.
Es ist leicht zu erkennen, dass sich auf jeder Wegstrecke,
die der Strahl zurückgelegt hat, gerade so viel Wellenberge
vorfinden werden, als die Zahl der Schwingungen beträgt,
welche in der auf den Weg verwendeten Zeit ausgeführt worden
sind. Ist v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit d. h. also der