Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Vierter Abschnitt. 
Eine Folge der beiden Bewegungen der Erde ist auch der 
Unterschied zwischen Sonnentag und Sterntag. 
(Eigur 17.) Sei die Sonne in S, und TT' der Theil der 
Erdbahn, den die Erde in einem Tage durchläuft. Steht sie 
in T, so ist a ein Punkt des Erdumfanges, der die Sonne im 
Mittag hat. Wenn er während des Eortrückens der Erde 
wieder in die der vorigen parallele Lage T' a' gekommen 
ist, so hat die Erde eine Umdrehung um ihre Axe vollendet, 
alle ihre Theile haben wieder dieselbe Lage gegen den Himmel 
wie in T, und alle Gestirne, die so weit abstehen, dass der 
Bogen TT' für sie unmerklich ist (also namentlich alle Fix 
sterne) werden wieder nach denselben Bichtungen wie von T 
aus gesehen; es ist also ein Sterntag verflossen. Allein 
die von der Erdbahn umschlossene Sonne wird von a' aus 
nicht im Meridian gesehen, der Punkt muss vielmehr, ausser 
der bereits vollendeten Rotation, noch den Bogen a'b zurück 
legen. Der Sonnentag (die Zeit von einem Meridiandurch- 
gange zum andern) ist also länger als der Sterntag, und zwar 
um die Zeit, in welcher der Bogen a'b von der rotirenden Erde 
zurückgelegt wird. Diese Zeit sei z, die wahre Umdrehungs 
zeit der Erde r, so ist r zugleich die Länge des Sterntages, 
aber die des Sonnentages. Theilt man letztem in 24 
Stunden, so kommen auf erstem nur 23 h 56' 4:",09, wird da 
gegen der Sterntag in 24 Stunden getheilt, so hat der Sonnen 
tag 24 h 3' 56",56. Eine Pendeluhr, welche nach Sternzeit 
geht, muss also etwas (um X I S6 - des Ganzen) schneller schlagen, 
als eine nach Sonnenzeit gehende. 
§. 42. 
Wäre der Bogen ab stets für gleiche Zeiträume von 
gleicher Grösse, so würde (da die Umdrehungszeit vollkom 
men constant ist) auch r -j- z, die Länge des Sonnentages, in 
allen Jahreszeiten gleich sein. Allein man sieht leicht, dass 
ab grösser werden muss, wenn TT' grösser wird, da der Winkel 
an T' dem an S gleich ist. Bewegt sich also die Erde zu 
einer Zeit schneller in ihrer Bahn, als zu einer andern, so 
wird auch 0 und folglich r-\-z sich verändern. Hierzu kommt 
noch, dass der Bogen ah ein Bogen des Aequators ist, die 
Erde aber sich in der Ekliptik um die Sonne bewegt. Wenn 
man aber Bogentheile eines grössten Kreises auf einen andern 
grössten Kreis (durch Normalen, die man auf letztem fällt) 
reducirt, so wird man nicht immer die gleiche Zahl von Graden 
in letzterm erhalten, sondern bald mehr (in den grössten Ab 
ständen beider Kreise) bald weniger (in ihren Durchschnitts 
punkten), was man auf einem Globus, wo Aequator und Ekliptik
	        
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