Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

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Fünfzehnter Abschnitt. 
weisse Flächen dagegen zeigen nur einen violetten und einen 
rothen Saum, den erstem nach der spitzen Seite des Prisma, 
seiner sogenannten brechenden Kante zu, den letztem an der 
entgegengesetzten Seite. Eine breitere Fläche, ein Brett z. B., 
kann als bestehend aus einer ganzen Beihe schmaler Leisten 
oder Streifen betrachtet werden. Es wird nun von jeder 
dieser Leisten eine Beihe von nebeneinander liegenden 
Bildern durch das Prisma erzeugt, also ein rothes, ein orange 
farbenes, ein gelbes u. s. w., und es mischen sich die Farben 
benachbarter Streifen wieder zu weissem Lichte zusammen. 
Betrachten wir z. B. den zweitäussersten Streifen nach der 
Seite der brechenden Kante, so deckt sich mit seinem Violett, 
das Indigo des d r i 11 äussersten, das Blau des viert äussersten, 
das Grün des fünft äussersten, das Gelb des sechs t äusser 
sten, das Orange des sieb ent äussersten und das Both des 
acht äussersten Streifens, und in Folge dessen wird der zweit- 
äusserste Streifen weiss erscheinen. Dasselbe gilt von allen 
inneren Leisten des Brettes und nur hei den beiden äussersten 
bleibt bei dem einen das Violett, hei dem andern das Both 
frei; daher der rothe und violette Saum. Dieser Umstand 
war schon um deswillen hier der Erörterung werth, weil seine 
Nichtbeachtung bei Betrachtung eines schneebedeckten Daches 
Goethe den ersten Anstoss zu seiner Farbenlehre und seiner 
Bekämpfung der A 7 eu?ioVschen gegeben hat. Dass eine solche 
weisse Fläche nicht in allen Farben gestreift erscheine, sondern 
wiederum weiss, ist ein oft vorgebrachtes Argument, dem aber, 
wie wir eben gesehen, die Beweiskraft fehlt. Wir lernen aus 
der vorstehenden Betrachtung aber noch ausserdem, wie wichtig 
es zur Vermeidung von Irrthümern ist, die Zerlegung von 
weissem Lichte in die einzelnen Farben in möglichster Strenge 
und Feinheit vorzunehmen und so, dass die obige Deckung 
verschiedener Farben nicht statt finden kann, sondern einer 
jeden ein ihr allein zukommender, von ihrer Wellenlänge oder 
Schwingungsdauer abhängiger Platz in der Zerlegungsreihe, 
dem sogenannten Spectrum, zukommt. Hiermit werden wir 
uns nun in dem folgenden § beschäftigen. Es wird dabei vor 
Allem die Ursache der bekannten Wirkung des Prisma zu 
erörtern sein. 
§ 3. 
Trifft ein Lichtstrahl, der Leser denke hier zunächst an 
Licht von ganz gleicher Farbe oder sogenanntes homogenes 
Licht, nachdem er den Weltenraum oder einen durchsichtigen 
Körper durchlaufen, unter schiefem Winkel die Grenzfläche 
zu einem andern Medium, so erleidet er eine Ablenkung von
	        
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