Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

Spectral-Analiyse. 
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seinem Wege, die unter dem Namen der Brechung allen Lesern 
hinreichend bekannt ist. Errichtet man in dem Einfallpunkte 
des Strahls auf der Grenzfläche das Einfallsloth, so gilt auch 
bekanntlich das Gesetz, dass der Sinus des Winkels, welcher 
vom Strahl gegen das Einfallsloth auf seinem Wege im ersten 
Mittel gebildet wird (des Einfallswinkels), zu dem Sinus des Win 
kels gegen dasselbe Loth in dem zweiten Mittel (dem Brechungs 
winkel) in einem constanten Yerhältniss steht. Man nennt 
dieses Yerhältniss in der Optik den relativen Brechungs-Index 
der beiden Medien für die bestimmte Farbe, den absoluten 
oder den Brechungs-Index schlechthin, wenn das erstere Mittel 
der Weltenraum oder luftleere Raum war. Es wird in den 
Lehrbüchern der Physik auch weiter gezeigt, dass der Brechungs- 
Index auch zugleich das Yerhältniss der Geschwindigkeiten 
ist, mit denen sich das Licht in beiden Mitteln fortpflanzt. 
Ist v diese Geschwindigkeit im Weltenraume, v' die kleinere 
in dem andern dichteren Medium, z. B. im Glas, so ist der 
Brechungs-Index dieses Glases gleich 
v 
v' ’ 
aber, wie wir sogleich sehen werden, nur für eine bestimmte 
Farbe oder Wellenlänge. Während nämlich im Weltenraum 
der Werth von v für alle Farben gleich gross ist (wir wissen 
das auch aus den Beobachtungen des weissen Veränderlichen 
Algol, für welchen die Minima aller Farben immer in ein 
einziges weisses Minimum von 18 Minuten Dauer zusammen 
fallen), wird in jedem andern Medium v' von der Wellenlänge 
abhängig. Es gibt für die Erklärung dieser Thatsache ver 
schiedene Theorien, unter denen am meisten die neueste, von 
Briot gegebene, zu befriedigen scheint. Im Weltenraume sind 
die Aethertheilchen des Lichtes gleichmässig vertheilt und 
können das sein, weil eben der Weltenraum oder luftleere 
Raum neben dem Aether keine Molecüle ponderabler Art hat; 
in jedem andern Medium aber ist dies anders. Da stören die 
ponderablen Molecüle die gleichmässige Yertheilung der Aether- 
Molecüle, welche sich in den Intervallen der ersteren befinden, 
und es findet eine Gruppirung der letzteren statt, bei der 
dann eben die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v' von der Wel 
lenlänge der betreffenden Farbe bedingt wird. Infolge dessen 
werden dann also die Brechungs-Indices eines und desselben 
Mittels für die verschiedenen Farben verschieden, demnach 
auch die Brechung und die durch dieselbe erlittene Ablenkung 
von der ursprünglichen Richtung des Strahls und es entsteht 
das Nebeneinander der Regenbogenfarben, welches wir schlecht- 
Mädler, Popul. Astronomie. 
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