Spectral-Analiyse.
705
seinem Wege, die unter dem Namen der Brechung allen Lesern
hinreichend bekannt ist. Errichtet man in dem Einfallpunkte
des Strahls auf der Grenzfläche das Einfallsloth, so gilt auch
bekanntlich das Gesetz, dass der Sinus des Winkels, welcher
vom Strahl gegen das Einfallsloth auf seinem Wege im ersten
Mittel gebildet wird (des Einfallswinkels), zu dem Sinus des Win
kels gegen dasselbe Loth in dem zweiten Mittel (dem Brechungs
winkel) in einem constanten Yerhältniss steht. Man nennt
dieses Yerhältniss in der Optik den relativen Brechungs-Index
der beiden Medien für die bestimmte Farbe, den absoluten
oder den Brechungs-Index schlechthin, wenn das erstere Mittel
der Weltenraum oder luftleere Raum war. Es wird in den
Lehrbüchern der Physik auch weiter gezeigt, dass der Brechungs-
Index auch zugleich das Yerhältniss der Geschwindigkeiten
ist, mit denen sich das Licht in beiden Mitteln fortpflanzt.
Ist v diese Geschwindigkeit im Weltenraume, v' die kleinere
in dem andern dichteren Medium, z. B. im Glas, so ist der
Brechungs-Index dieses Glases gleich
v
v' ’
aber, wie wir sogleich sehen werden, nur für eine bestimmte
Farbe oder Wellenlänge. Während nämlich im Weltenraum
der Werth von v für alle Farben gleich gross ist (wir wissen
das auch aus den Beobachtungen des weissen Veränderlichen
Algol, für welchen die Minima aller Farben immer in ein
einziges weisses Minimum von 18 Minuten Dauer zusammen
fallen), wird in jedem andern Medium v' von der Wellenlänge
abhängig. Es gibt für die Erklärung dieser Thatsache ver
schiedene Theorien, unter denen am meisten die neueste, von
Briot gegebene, zu befriedigen scheint. Im Weltenraume sind
die Aethertheilchen des Lichtes gleichmässig vertheilt und
können das sein, weil eben der Weltenraum oder luftleere
Raum neben dem Aether keine Molecüle ponderabler Art hat;
in jedem andern Medium aber ist dies anders. Da stören die
ponderablen Molecüle die gleichmässige Yertheilung der Aether-
Molecüle, welche sich in den Intervallen der ersteren befinden,
und es findet eine Gruppirung der letzteren statt, bei der
dann eben die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v' von der Wel
lenlänge der betreffenden Farbe bedingt wird. Infolge dessen
werden dann also die Brechungs-Indices eines und desselben
Mittels für die verschiedenen Farben verschieden, demnach
auch die Brechung und die durch dieselbe erlittene Ablenkung
von der ursprünglichen Richtung des Strahls und es entsteht
das Nebeneinander der Regenbogenfarben, welches wir schlecht-
Mädler, Popul. Astronomie.
45