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Fünfzehnter Abschnitt.
hin „Spectrum“ nennen. Wir werden aber später mehrere
Arten von Spectren unterscheiden müssen.
§ 4.
Jetzt sind wir nun auch im Stande, zu erkennen, welche
Yorsichtsmassregeln nöthig sind, um die Zerlegung eines weissen
oder überhaupt mehrfarbigen Strahls in sein Spectrum durch
ein Prisma in möglichster Reinheit herzustellen. Die Forderung,
dass ein recht schmaler, so zu sagen unendlich schmaler,
Streifen weissen Lichtes betrachtet werden soll, erfüllen wir
am besten dadurch, dass wir Sonnenlicht durch einen sehr
engen Spalt mit glatten Rändern scheinen lassen. Dieser Spalt
vertritt uns nun ganz die Stelle eines leuchtenden Fadens, der
von jedem seiner Punkte Sonnenlicht nach der vorderen Fläche
des zerlegenden Prisma sendet. Da wir nun aber aus dem
vorhergehenden § ersehen, dass die Ablenkung eines jeden
Strahls auch von seinem Einfallswinkel abhängt, unter welchem
er die Fläche des Prisma trifft — da z. B. die Ablenkung an
dieser Fläche gleich null wird, wenn der Strahl dieselbe
unter einem rechten Winkel trifft — so ist es nothwendig, die
von den einzelnen Punkten des Spaltes divergirenden Strahlen
in einer gegen die erstere Fläche geneigten Richtung parallel
zu machen. Man stellt also den Spalt in die Brennpunkts-
Ebene einer guten achromatischen Sammel-Linse, welche die
Strahlen auffängt und parallel macht und deren optische Axe
mit dem Einfallsloth einen Winkel bildet und zu der brechen
den Kante des Prisma senkrecht ist, zugleich aber auch senk
recht zum Spalt, der mit der brechenden Kante parallel sein
muss, um ein möglichst gutes Spectrum zu erhalten. Erst durch
diese Yorsichtsmassregeln gewinnt man Sicherheit, dass alle
Strahlen von gleicher Farbe und Wellenlänge, von welchem
Punkte des Spaltes sie auch kommen (und wo immer sie die
erste brechende Fläche des Prisma treffen mögen, durch das
Prisma die gleiche Brechung und Ablenkung erfahren und
dasselbe als Parallelstrahlen einer bestimmten Farbe verlassen.
Man hat ausserdem die Gewissheit, dass diese Richtung pa
rallel austretender Strahlen für verschiedene Farben ver
schieden ist, so dass nicht mehr für zwei oder mehrere oder
alle verschiedene Farben eine gemeinschaftliche Richtung er
folgt, also die Farben gemischt und zusammengesetzt werden
können. Die Parallelstrahlen einer jeden Farbe werden nun
durch das Objectiv eines Fernrohrs aufgefangen, gesammelt
und in der Brennpunkts-Ebene des Fernrohrs zu einem Bilde
des Spaltes in der betreffenden Farbe vereinigt. Man sieht
demnach durch dieses Fernrohr den Spalt etwa in Roth und zwar