Spectral-Analyse.
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sich von der im gewöhnlichen Sinne des Wortes aber eben dadurch,
dass sie keine merkliche Dauer hat, denn das Theilchen gibt sofort
die ganze Bewegung, welche es sich angeeignet hat, wieder an an
dere ab. Es mag hier gleich erwähnt werden, wenn auch für unseren
Zweck nicht sehr wichtig, dass dieser Vorgang uneigentlicher Ab
sorption eins der bekanntesten Gesetze der Verbreitung des Lich
tes begründet. Die von einer Lichtquelle ausgehende Wellen
bewegung muss von den fortschreitenden Wellen auf Theilchen
einer Kugeliläche von immer grösserem Halbmesser übertragen
werden, demnach auf eine mit dem Quadrat der Entfernung
von der Lichtquelle wachsende Anzahl von Theilchen; daher
nimmt die Lichtintensität, welche der Welle entspricht, in
dem nämlichen Verhältnis ab. Je genauer dieses bekannte
Gesetz befolgt wird, desto mehr ist die Fortpflanzung der
Welle von Absorption im eigentlichen Sinne des Wortes frei
gewesen. Welches sind nun aber die Ursachen dieser letzteren,
wo wir dieselbe auftreten sehen? Die Erörterung dieser Frage
wird uns zu dem Fundamentalsatz der Spectral-Analyse führen,
dass Theilchen, welche Wellen von einer bestimmten Schwin
gungsdauer absorbiren, zugleich befähigt sind, ganz dieselben
Wellen zu emittiren, d. h. also in denselben Farben zu leuchten.
Ohne diesen berühmten Satz, für welchen Kirchhof auch einen
mathematischen Beweis liefert, lassen sich die Erscheinungen
der Spectral-Analyse gar nicht verstehen, und deshalb geschah
desselben schon frühzeitig oben Erwähnung.
Es ist bekannt, dass lebendige Kraft verwandelt werden
kann in andere Erscheinungsformen, am bekanntesten die V er-
wandlung in Wärme, wie wir es fortwährend zu beobachten
Gelegenheit finden. Ein in eine andere Erscheinungsform um
gesetzter Theil von lebendiger Kraft geht offenbar dadurch
für die Ton- oder Lichtwelle verloren. Nicht weniger bekannt
ist aber die umgekehrte Metamorphose, vor Allem die von
Wärme in lebendige Kraft, weil auf derselben die Leistung
unserer Dampfmaschinen, ja auch vieler anderer Maschinen
beruht, bei denen wir nicht gleich daran denken, dass die
Kraftäusserung, welche wir sehen, umgesetzte Wärme ist.
Beispielsweise treibt die in lebendige Kraft umgesetzte Son
nenwärme unsere Wasser- und Windmühlen, indem sie das
zum Betriebe der ersteren nöthige Wasser in Dampfform wie
der auf die Höhen bringt, gleichsam die Uhr wieder aufzieht,
für die letzteren durch Erwärmung von Luftschichten, die die
Veranlassung zu Winden gibt. Dieser LTmsatz der Sonnen
wärme findet fortwährend in reichem Maasse statt, und häufig
so, dass die ungeheuere Kraftentfaltung zerstörend wirkt, wie
in den Wirbelstürmen. (Es dürfte daher auch nicht über