Spectral-Analsye.
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lier das Bestreben der Gase, ein möglichst grosses Volumen
piin7iinehmen. Die Molecüle beschreiben bei diesem Bestreben
geradlinige Bahnen; man ist sogar in der mechanischen Gas
theorie dahin gelangt, die Geschwindigkeit dieser Bewegung
bei den verschiedenen Gasen anzugeben. Die Verbindung zwi
schen den Atomen, welche das Molecül bilden, wird nicht
aufgehoben, dieselben bleiben vielmehr den Gesetzen elastischer
Fluida unterworfen. Werden sie durch eine Lichtwelle in
Schwingung versetzt, also aus ihrer Gleichgewichtslage entfernt,
so streben sie als Atome eines elastischen Fluidums mit
um so grösserer Energie nach der Gleichgewichtslage zurück,
je weiter sie aus derselben entfernt worden sind. Sie gleichen
in dieser Beziehung einem Pendel, am nächsten einem Centri-
fugal-Pendel, weil sie wie dieses im Allgemeinen eine elliptische
oder ellipsenähnhche, nach Umständen auch kreisförmige Bahn
um einen gewissen Punkt des Molecüls beschreiben. Die
Atome haben in diesen Bahnen eine bestimmte Gruppirung,
welche mit der chemischen Natur zusammenhängt; durch diese
Gruppirung sind ihnen auch zugleich gewisse bestimmte Um
laufszeiten in ihrer Bahn vorgeschrieben. Es können solcher
möglicher Umlaufszeiten oder auftretender Perioden sehr wenige
sein, wie beispielsweise bei dem Natrium, oder sehr viele, wie
bei dem Eisen. In dieser und einigen anderen Beziehungen
erinnert das Molecül des Mikrokosmos an ein Planeten- oder
Sonnen-System des Makrokosmos. So hat das letztere als
Ganzes eine bis auf Unmerkliches geradlinige Bewegung, die
einzelnen Körper des Systems begleiten dasselbe in krummen
Bahnen von gewissen Umlaufszeiten, und der Leser weiss so
gar, dass die Umlaufszeiten gegen Aenderungen über ein ge
wisses Maass hinaus geschützt sind, dass dieselben vielmehr in
sehr enge Grenzen eingeschlossen sind. Wenn es einst gelungen
sein wird, den Unterschied zwischen den sogenannten Molecu-
larkräften und der allgemeinen Anziehung zu verwischen, wie
dies glücklicherweise bei der Capillarität oder Haarröhrchen
kraft geschehen ist, so wird die Aehnlichkeit zwischen Molecül
und Planetensystem noch weit grösser erscheinen. Man wird
dann vielleicht noch weiter das Molecül des Natrium einem
Binärsystem vergleichen, weil darin nur zwei verschiedene
Umlaufszeiten Vorkommen, das des Eisens dagegen einem sehr
zusammengesetzten System mit zahlreichen Körpern von ver
schiedener Umlaufszeit, Jedenfalls hat die Erinnerung an die
Systeme des Makrokosmos den Vortheil ; dass auch manche
Erfahrungen der Spectral-Analyse uns von dort her als bekannt
erscheinen.
Denken wir uns nun ein Atom von ganz bestimmter Um