Spectra-Analyse.
719
verwechselt werden darf, dass vielmehr immer noch Licht
übrig bleibt, so sind wir im Stande, uns die wichtigsten mit
den Sonnenstrahlen gemachten Erfahrungen zu erklären.
§ 9.
Erklärung der an der Sonne zu machenden
Beobachtungen.
Es bedarf wohl keines besonderen Beweises, dass die
Sonne, welche durch ihre Strahlen auf viele Millionen Meilen
hin bei Weitem die Hauptwärmequelle bildet, ein Körper von
ungeheuer hoher Temperatur sein muss. Wenn in früheren
Zeiten die Meinung aufgestellt worden ist, die Sonne sei nicht
selbst sehr warm, sondern es haben nur ihre Strahlen die Fähig
keit in den Körpern, welche sie treffen, Erwärmungserscheinungen
hervorzurufen, so ist das gewiss eine sehr gekünstelte Hypothese.
Man nahm Anstoss daran, dass ein so grosser Körper, wie dieSonne,
der so viel Baum zum Unterkommen bietet, nicht von uns ähnlich
organisirten Wesen sollte bewohnt sein können. Merkwürdiger
weise übersah man, dass vom nicht wesentlichen Punkte unseres
Körpergewichts abgesehen, welches uns nöthigen würde, auf der
Sonne eine Last von gegen 40 Centner mit uns herumzuschleppen,
seihst die Gültigkeit der obigen Hypothese unseren dortigen Auf
enthalt nicht im Geringsten erträglicher machen würde; denn es
würde noch unumstösslich das physikalische Gesetz in Anwendung
zu bringen sein, dass die Wärmewirkung dem Quadrat der Ent
fernung von der strahlenden Wärmequelle umgekehrt propor
tional ist. In einer mittleren Entfernung von 1000 geographischen
Meilen von den strahlenden Theilen der Sonnenoberfläche
würden wir also, selbst jene Hypothese angenommen, an un
serem Körper eine Wärme-Erregung empfinden, welche gegen
Vierhundertmillionenmal die von uns auf der Erde erfahrene
übertrifft. Alles führt uns darauf, der Sonne eine ungeheuer
hohe Temperatur zuzuschreiben, und dann verstehen wir, wes
halb die Sonne eine glühende Atmosphäre hat, in der ein
grosser Theil ihrer Stoffe, darunter auch eine sehr grosse
Zahl von Metallen, viele auch uns bekannte, Vorkommen. Von
Autoritäten des Fachs ist sogar die Meinung aufgestellt wor
den, der ganze Sonnenkörper sei gasförmig. Nur ist dann
trotz der grossen Schwerkraft der Sonne, welche ja allerdings ver
dichtend wirken muss, hei der enorm hohen Temperatur, welche
dem Gas noch ungleich enormere Spannkraft gehen müsste, nicht
einzusehen, wie ein Zusammenhalten des Sonnenkörpers selbst bei
einem noch so grossen specifischen Gewichte möglich sein
soll. Dieser Schwierigkeit begegnen wir nicht mehr, wenn