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Sebastian Finsterwalders Anteil an
der Entwicklung der Photogrammetrie
Von O. v. Grube r.
Geheimer Rat. Dr. rer. nat., Dr. d. Techn. Wiss. e. h., Dr. phil. h. c., Prof. Sebastian
Finsterwalder wurde am 4. Oktober 1862 zu Rosenheim in Oberbayern geboren, bezog
als lSjähriger die Technische Hochschule München, bestand 1884 die Lehramtsprüfung
für Mathematik und Physik und promovierte 1885 mit einer Arbeit über geometrische
Optik. 1888 an der Techn. Hochschule München habilitiert, hielt ei seine Antritts
vorlesung über Photogrammetrie. 1891 wurde er zum ordentlichen Professor für
Höhere Mathematik und Analytische Mechanik ernannt. Von 1911 bis zu seiner 1951
nach 40jähriger Lehrtätigkeit erfolgten Emeritierung hatte er die Professur für dar
stellende Geometrie inne. 1906 zum Mitglied der Bayerischen Kommission für inter
nationale Erdmessung ernannt, und als wissenschaftlicher Berater des Bayerischen
Landesvermessungsamtes nahm er regen Anteil an den Vermessungsaufgaben in Bayern.
Hervorragend beteiligt war Finsterwalder an der Entwicklung der Forschungstätigkeit
des Deutschen und österreichischen Alpenvereins als Mitglied von dessen wissenschaft
lichem Unterausschuß.
Umfangreiche praktische photogrammetrische Tätigkeit entwickelte Finsterwalder
seit 1888 im Zusammenhang mit der Erforschung der Gletscherwelt des ötztales. Die
Veröffentlichung „Aus den Tagebüchern eines Gletscher vermesser s“,
Zeitschrift des Deutschen und österreichischen Alpenvereins 1889, Band 20, gibt uns Ein
blick in die mühevolle Tätigkeit der Aufnahme des Vernagtferners. Das Ergebnis dieser
Aufnahmen ist geschildert in der Abhandlung „D er Vernagtferner, seine Ge
schichte und seine Vermessung in den Jahren 1888 und 188 9“, Wissen
schaftliche Ergänzungshefte zur Zeitschrift des Deutschen und österreichischen Alpen
vereins, l.Band, l.Heft, Graz 1897. Zur Durchführung der photogrammetrischen Auf
nahmen hatte Finsterwalder 1888 einen photogrammetrischen Apparat nach dem Muster
des von Meydenbauer für Architekturaufnahmen angegebenen Apparates durch die Firma
M. Sendtner bauen lassen. Dieses Gerät wurde 1889 von Finsterwalder durch eine Vor
richtung verbessert, die nadi Öffnung der Kassette die Platte gegen drei mit dem Appa
rat fest verbundene Stifte andrückte, wodurch die Sicherheit der inneren Orientierung
des Apparates wesentlich erhöht wurde. Wir haben hier den später bei allen Meß- 1
1 Vgl. auch „Sebastian Finsterwalder zum 70. Geburtstag“; Bildmessung und Luft-
biklwesen 7 (4), Bad Liebenwerda 1932, S. 145—149.