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Erster Theil. Differential-Rechnung.
Osculirende Gerade in einem Punkte einer Curve ist dem
nach die Tangente.
Superosculation findet statt, wenn auch höhere Differential
quotienten aus (C) und (C') übereinstimmen; nun folgt aus
(CT) rf— 0, daher muss, soll Superosculation bestehen, der
Punkt M auf (C) so gewählt werden, dass y"= 0 ist. Diese
Bedingung erfüllt beispielsweise ein Wendepunkt; darum ist
eine Wendetangente superosculirend, und zwar in einer Berüh
rung zweiter Ordnung, sofern nicht auch noch höhere Diffe
rentialquotienten von y verschwinden.
146. Der Osculationskreis. Unter den eine Curve in einem
Punkte osculirenden Linien ist der Kreis von grösster Wichtig
keit; da nämlich osculirende Linien in einer Zeichnung selbst
auf eine ziemlich beträchtliche Umgebung des Berührungs
punktes nur sehr wenig von einander abweichen, so kann man
sich von der Gestaltung einer Curve in der Umgebung einer
Stelle durch Construction des osculirenden Kreises am bequem
sten eine Vorstellung verschaffen.
An die Curve
(C)
y = f(x)
ist im Punkte M mit den Coordinaten x, y der Osculationskreis
zu legen. Schreibt man seine Gleichung in der Form
(| — a) 2 -(- (rj — ß) 2 = r 2
und differentiirt dieselbe zweimal nach einander in Bezug auf
è — a + (v — ß)v = 0
1 + V 2 + <V — ß)v" = °;
(11)
so hat man nur in den drei letzten Gleichungen £ = ,v zu
setzen und an die Stelle von r{, rj" die aus (C) gezogenen
Werte y, y, y' treten zu lassen, um die zur Bestimmung der
Parameter des Osculationskreises führenden Gleichungen
(x — a) 2 -f- (y — ß) 2 — r 2
x — a -f- (y — ß)y = 0
i + y* + (y — ß)y"= 0
zu erhalten. Aus denselben ergibt sich successive