Full text: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung (1. Band)

Sechster Abschnitt. Anwendung der Differential-Kechnung usw. 33] 
kann; hält man an dem ersteren fest, so kann noch y eine ein 
deutige oder eine mehrdeutige Funktion vorstellen; in letzterem 
Falle entspricht jedem Zweige der Funktion (57) auch ein 
Zweig der Kurve. 
Die Untersuchung des Laufes einer ebenen Kurve kommt 
also vom Standpunkte der Analysis zurück auf die Betrach 
tung der Änderung einer Funktion einer stetigen Variablen, 
die explizite oder implizite gegeben ist, oder auf die Betrach 
tung der gleichzeitigen Änderungen zweier solcher Funktionen. 
Die parametrische Darstellung (1) ist für allgemeine Unter 
suchungen die geeignetste. Sie kann aus den beiden anderen 
Darstellungsformen gewonnen werden, indem mani einer passend 
gewählten Funktion einer Hilfsvariablen u gleichsetzt, diese in 
(2), respektive (3) an Stelle von x einführt, wodurch auch y, 
explizite und implizite, als Funktion von u gegeben ist. 
Umgekehrt ergibt sich aus der parametrischen Darstellung 
(1) eine der beiden anderen Darstellungsformen, indem man 
zwischen den beiden Gleichungen (1) u eliminiert. 
Hat man aus der Gleichung oder den Gleichungen der 
Kurve eine Anzahl zusammengehöriger Werte xjy bestimmt, 
so ist damit eine Anzahl von Punkten der Kurve gegeben, die 
jedoch, wenn sie nicht nahe genug aneinander liegen, eine 
sichere Vorstellung von dem Verlaufe derselben nicht zu bieten 
vermögen. 
Genaueren Aufschluß darüber vermittelt der Differential 
quotient von y in bezug auf x, welcher die Richtung der 
Tangente an die Kurve in jedem ihrer Punkte anzugeben ge 
stattet. Sein Vorzeichen läßt erkennen, ob die Kurve bei wach 
sendem x steigt oder fällt, und seine absolute Größe zeigt an, 
wie rasch dieses Steigen oder Fallen an der betreffenden Stelle 
vor sich geht (22, 36). 
Zudem ist die Tangente diejenige unter den Geraden, 
welche durch den betreffenden Punkt der Kurve gehen, der 
sich die Kurve in der Umgebung des Punktes am engsten an 
schließt. Um dies zu zeigen, nehmen wir auf der Kurve einen 
Punkt M(x/y) an und legen durch ihn eine Gerade; ihre Glei 
chung sei 
(4) A{i-x) + B( v -y)-0-,
	        
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