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Erster Teil. Differential-Rechnung.
(2)
gemeint sein.
lim +
» t- n ™
Hiernach ist unter dem Differentialquotienten einer Funktion
f(x) an einer Stelle x der Grenzwert zu verstehen, gegen welchen
der an dieser Stelle gebildete Differenzenquotient konvergiert, wenn
die Änderung h der Variablen durch positive wie durch negative
Werte der Grenze Null sich nähert.
Ist der Bereich der Variablen ein beschränkter, also ein
endliches Intervall (a, ff), so kann an den Enden des Inter
valls selbstverständlich nur von einseitigen Differentialquotien
ten die Rede sein, und zwar kann, wenn « < /3, für x = a
nur der Grenzübergang L, für x — ß der Grenzübergang II.
zur Anwendung kommen.
Es ist oben bemerkt worden, der Differentialquotient an
einer Stelle x sei ein Maß für die Stärke der Änderung der
Funktion daselbst; diese Ausdrucks weise wird erst dann völlig
verständlich, wenn eine Einheit für das Maß gefunden ist;
diese Einheit ist die Stärke der Änderung der Variablen selbst.
Ist nämlich f{x) = x, so ist der Differenzenquotient X ^ X = 1
und folglich auch der Differentialquotient von x an jeder Stelle
x gleich 1. An einer Stelle also, wo der Differentialquotient
von f(x) größer ist als die Einheit, ändert sich die Funktion
stärker als die Variable, an einer Stelle, wo er kleiner als 1
ist, ändert sie sich schwächer als die Variable; dabei kommt
zunächst nur der absolute Wert des Differentialquotienten in
Betracht.
21. Wenn für die Funktion f(x) an jeder Stelle x des
Bereiches (a, ff) der Grenzwert (2) vorhanden ist, mit andern
Worten, wenn sie an jeder Stelle einen Differentialquotienten
besitzt, so ist hiermit eine neue Funktion für denselben Bereich
von x definiert; man nennt sie die abgleitete oder derivierte
Funktion oder kurz die Ableitung von f(x), aber auch — im
übertragenen Sinne — den Differentialquotienten von f(x) und
gebraucht dafür, je nachdem es in dem betreffenden Falle vor
teilhafter ist, eines der Zeichen*)
*) Die drei Bezeichnungen stammen der Reihe nach von Leibniz