Full text: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung (1. Band)

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Erster Teil. Differential-Rechnung. 
abnimmt, und dies findet nur im Falle der Stetigkeit in der 
(übrigens beliebig engen) Umgebung von x statt. Dagegen 
ist diese Stetigkeit kein zureichendes Merkmal dafür, daß an 
der Stelle x ein Differentialquotient existiert. Als Beispiel diene 
die Funktion fix) = x sin * , welche für alle Werte von x de 
finiert*) und stetig ist; insbesondere geht ihre Stetigkeit in 
der Umgebung von Null aus der Bemerkung hervor, daß 
• 1 I ^ i i 
x sin -— < \ X , 
X — 1 1 ’ 
daß man also durch Wahl eines hinreichend kleinen x den 
Wert von 1 f{x)\ beliebig klein machen kann. Der Grenzwert 
des Differenzenquotienten an der Stelle x = 0 ist aber 
h sin 
lim - 
Ä= + 0 
= lim sin 
h ’ 
also völlig unbestimmt [19 5]; daher existiert an dieser Stelle 
kein Differentialquotient. 
Es ist gelungen, Funktionen analytisch zu definieren, welche 
trotz ihrer Stetigkeit an unzählig vielen, ja selbst an allen 
Stellen keinen Differentialquotienten zulassen. Indessen genüge 
hier die bloße Anführung dieser Tatsache.**) 
22. Phoronomische und geometrische Bedeutung 
des Differentialquotienten. Sobald man das Gebiet der 
Anwendungen der Analysis betritt, sind x und f{x) die Maß 
zahlen für irgend welche voneinander abhängende Größen und 
je nach der Bedeutung dieser letzteren erlangt auch der 
Differentialquotient eine spezielle Bedeutung. An dieser Stelle 
sollen jene zwei Fälle besprochen werden, von welchen die 
Differentialrechnung ihren Ausgang genommen und die für 
*) Wenn auch — für £c = 0 nicht definiert ist, so muß man doch 
x 
x sin — als definiert betrachten und ihm den Wert 0 zuschreiben, wenn 
x 
man sich nicht mit dem Satze in Widerspruch setzen will, daß das 
Produkt aus Null und einer endlichen Zahl Null ist. 
**) Literaturangaben über derartige Funktionen findet man inE.Pas- 
cals Repertorium der höheren Mathematik, deutsch von A. Sch epp, 
I. T., S. 110-111, Leipzig 1900.
	        
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